Wenn dem Kind der Abschied schwerfällt….

Bei meiner Arbeit als Spielgruppenleiterin, bin ich jedes Jahr von neuem mit dem Thema “Ablösung” beschäftigt. Was auch natürlich ist, denn der Besuch einer Spielgruppe, ist für die Kind häufig die erste Erfahrung in einem neuen, unbekannten Umfeld mit anderen Kindern und einer neuen Bezugsperson. Auch die Eltern müssen loslassen und erfahren häufig nur wenig, was ihr Kind in diesen Stunden in der Gruppe erlebt.

Obwohl jedes Kind, jeder Elternteil anders und so auch die Lösung für eine erfolgreiche Trennung immer individuell ist, habe ich Hilfsmittel die ich einsetze. Das Modell der Evolutionspädagogik® hilft mir zu erkennen, auf welcher Ebene ich das Kind erreiche und was es benötigt, um die Situation meistern zu können. Ausserdem hilft mir meine Berufserfahrung auch in kniffligen Situationen gelassen zu bleiben und die Geduld nicht zu verlieren.

Trotz grosser Vorfreude auf die Spielgruppe, kann die Ablösung schwer sein…

Beispiel 1 – Amphibie – Erlebnissicherheit

Der Junge kommt bereits seit einigen Wochen in die Spielgruppe. Trotzdem hat er jedes Mal von neuem grosse Ablösungsängste. Die letzten Male hat er sich ans Bein der Mutter geklammert und als sie dann gehen konnte, hat er immer wieder geweint. In seiner Trauer lässt er sich nicht von mir trösten, obwohl er mich in anderen Situationen als Bezugsperson akzeptiert und dann Rat und Hilfe bei mir holt. Seine Mutter und ich sind uns einig, dass wir ihm die Trennung zumuten können und es keine Lösung ist, wenn sie die Trennung hinauszögert.

Als die Mutter gegangen ist, beginnt er auch dieses Mal nach wenigen Minuten bitterlich zu weinen. Er versteckt sich hinter dem Vorhang in der Puppenecke und lässt sich nicht trösten. Mir ist es wichtig, dass ich ihn in seiner Trauer nicht alleine lasse, aber ich muss auch akzeptieren, dass er meine Nähe nicht möchte.

Für Kinder die auf der Stufe der Amphibie gestresst sind, habe ich immer eine Krabbelröhre einsatzbereit. Deshalb frage ich ihn nun: “Willst du dich zurückziehen und verstecken?” Er weint weiter, aber nickt mit dem Kopf. Also mache ich die Röhre bereit und lasse das Kind mit den Worten “Nun kannst du dich zurückziehen und hervorkommen wenn du neugierig bist!” allein. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch wie er in der Röhre verschwindet.

Als ich kurze Zeit später schaue, was das Kind macht, sehe ich, dass es vergnügt mit seinem Spielkamerad*innen in der Autoecke spielt.

Der Junge wird an diesem Morgen kein einziges Mal mehr nach seiner Mutter fragen. Beim Znüni meint er plötzlich zu mir: “Ig ha di gärn und chume gärn witerhin zu dir i d Spiugruppe.”

Die nächsten Spielgruppen-Vormittage platziere ich die Röhre gut sichtbar im Raum, damit für ihn der Rückzug jederzeit (besonders in den ersten Spielgruppenminuten) möglich ist. Von Mal zu Mal wird die Röhre uninteressanter, gleichzeitig verschwindet auch der Abschiedsschmerz.

Auch für Schulaufgabe kann der Rückzug manchmal nötig sein.

Beispiel 2 – Säugetier – Gefühlssicherheit

Das Mädchen ist sehr scheu, ängstlich und zurückhaltend. Am liebsten wäre es, wenn die Mutter gegangen ist, den gesamten Morgen bei mir auf dem Schoss. Da ich natürlich nicht den ganzen Vormittag mit dem Kind auf dem Schoss am Tisch hocken kann, brauchen wir eine Lösung. Ich setze mich mit dem Kind auf dem Schoss an den Tisch und lege die liegende Acht aus Holz vor uns hin. Die liegende Acht lässt sich mit dem Finger oder auch mit einer Kugel abfahren. Es dauert nur wenige Sekunden und das Mädchen beginnt mit der Kugel die Acht abzufahren. Schnell wird für mich an ihrer Körperhaltung sichtbar, wie der Gefühlsstress abfällt. Ich nutze die Gelegenheit und setze das Kind mit der Acht auf einen Stuhl neben mir. “Ig mues no go s Baschtuzüg hole….” bemerke ich, “ig gloube du chasch ellei witermache.” Das Kind nickt zufrieden und auch die nächsten Minuten lässt sie die Kugel in der Rille gleiten. Als sich dann andere Kinder neben sie setzen und mitspielen wollen, lässt sie das zu und für den restlichen Spielgruppenmorgen braucht sie mich nicht mehr.

Die liegende Acht hilft, wenn die die Gefühle überhand nehmen

Beispiel 3 – Reptil – Körpersicherheit

Nicht bei jedem Kind ist der Abschiedsstress sichtbar. Manchmal ist er nur unterschwellig vorhanden. Manche kauen am T-Shirt, beissen auf der Faust herum oder schlagen/schubsen andere Kinder. Es kann auch gut sein, dass dieser Junge oder dieses Mädchen nicht zur Ruhe kommt, alles hervorkramt, dann doch nicht damit spielt oder die Spielsachen gar im Raum herum wirft. In diesen Fällen hat mein Evo-Kroki seinen Einsatz. Dabei achte ich darauf, dass die Spannung beim Kind vor dem vermeintlichen zubeissen maximal gross ist. Das geht am besten, wenn ich mit dem Kroki von Kind zu Kind reihum gehe und mit meiner Mimik die Spannung unterstütze. Manche Kinder brauchen lange, bis sie sich überhaupt trauen einmal zuzudrücken. Das ist jedoch kein Problem, weil allein durch das beobachten des Verhaltens und der Reaktion der anderen Kinder viel auslösen können. Irgendwann ist es soweit und auch sie trauen sich. Bereits nach wenigen Spielgruppenstunden ist das Krokodil kaum mehr gefragt und auch die Schlägereien sind selten geworden. Wenn aber die Frage kommt: “Wo isch s Kroki?” hole ich es gerne hervor.

Immer einsatzbereit: Herr Kroki

Beispiel 4 – wenn nichts zu helfen scheint? Fisch – Ursicherheit

Dann gibt es immer wieder Kinder, bei denen nichts zu helfen scheint. Sie weichen nicht von Mutter oder Vater. Alle Versuche mit ihnen zu interagieren scheitern. Weder Röhre, liegende Acht, das Evo-Kroki helfen. In diesen Fällen bin ich besonders auf die Unterstützung und der Zusammenarbeit mit den Eltern angewiesen. Eine gute Kommunikation ist dann Gold wert, denn es ist nicht selten, dass gerade in diesen Fällen (unbewusste oder bewusste) Stressoren der Eltern zuerst gelöst werden müssen. Das geht am besten wenn wir im Gespräch bleiben. Diese Gespräche finden im Idealfall in einer ruhigen Minute am Telefon oder persönlich statt. Während der Spielgruppe gebe ich dem Kind einfach zu verstehen, dass es schön ist, dass es da ist. Es hat nichts weiter zu tun, als einfach da zu sein. Dies gilt auch für die Eltern. Sie sind einfach da. Auf einem Stuhl am Rande des Geschehens. Sie geben ihrem Kind auf diesem Weg Rückhalt und Vertrauen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass sie ihrem Kind (nonverbal und verbal) signalisieren, dass es gehen darf und die Spielsachen, Kinder und die Leiterin kennenlernen kann. Ein Kind im Spielgruppenalter wird diese Möglichkeit in jedem Fall nutzen und die Welt (mit immer grösserem Urvertrauen) entdecken. Es braucht nicht mehr als Geduld und Vertrauen von allen Beteiligten.

Vertrauen in die Welt und in uns sind die Grundlage

Obwohl sich Ablösungsprobleme häufig mit diesen Angeboten, etwas Zeit und Geduld lösen lassen, fehlt im wuseligen, wilden Spielgruppenalltag manchmal der Blick und die Ruhe. Dann ist eine Lernberatung in der Praxis zielführender.

Hat dein Kind Ablösungsschwierigkeiten? Hat es Probleme sich auf neue Situationen einzulassen? Willst du als Spielgruppenleiter*in/Lehrer*in weitere Informationen, um in deiner Kindergruppe/Klasse mit EvoPäd® zu arbeiten? Melde dich noch heute bei mir.

Unsere jüngste Tochter (auf dem ersten Bild) war übrigens nie in der Spielgruppe. Wir haben es in zwei Spielgruppengruppen (im Abstand von einem Jahr) versucht, aber es scheiterte immer an der Ablösung. Heute täte es mich natürlich interessieren, wie das mit meiner heutigen Erfahrung gelaufen wäre.