Ein anregendes Frühstücksgespräch

Unser heutige Start in den Tag begann zu meiner grossen Freude wieder einmal mit einem intensiven Frühstücks-Gespräch. Während dem Essen hörten wir in den Nachrichten, dass die gestrigen neuen Beschlüsse des Bundesrates zur Wiederöffnung nach dem Shutdown nicht überall auf Zustimmung stiessen.

Ich beobachtete, dass beide anwesenden Kinder aufhorchten.

“Oh, das ist aber interessant, dass nicht alle einverstanden sind”, versuchte ich das gehörte aufzugreifen.

“Ha, das ist ja logisch”, meinte das eine Kind. “Wenn die einen wieder öffnen dürfen und die anderen nicht, ist es ja klar, dass sich welche benachteiligt fühlen! Manche möchten halt lieber in Restaurant und nicht einkaufen. Oder am liebsten gleich beides gleichzeitig.”

“Ja, genau,” meinte ich. “Aber es geht halt nicht anders derzeit. Daran ist einfach die Pandemie schuld. Darüber haben wir ja schon oft gesprochen. Es geht einfach nicht, dass es für alle gerecht sein kann. Dies erklärt ja auch der Bundesrat immer und immer wieder.”

Beide Kinder essen schweigend und in Gedanken versunken weiter. Ich spüre meine leise Enttäuschung darüber, dass das Gespräch nach dem interessanten Start bereits endet.

Da beginnt das eine Kind von neuem: “Das ist halt wie in der Schule. Die einen finden es auch nicht schlimm, wenn der Lehrer oder die Lehrerin eine Rechnungsstunde ankündigt und die anderen jaulen auf, weil sei es doof finden.”

“Ja, es spielen auch nicht alle Kinder gerne Unihockey,” erwidert wiederum das andere Kind mit einem verständnislosen Blick, denn es lieeeebt Unihockey.

Ich ergreife jetzt die Gelegenheit und frage: “Und was gäbe es denn nun für eine Lösung für die Benachteiligten? Zumindest im ersten Moment?”

Es ist eine Weile still und alle widmen sich wieder dem Frühstück.

“Man muss es halt über sich ergehen lassen,” meint dann das ältere Kind und ich staune über diese Wortwahl.

Ich frage in die Runde: “Gäbe es denn noch eine andere Sicht? Vielleicht eine aktivere?”

“Ja”, erwidert das das andere Kind, “man könnte neu verhandeln?” Nach einer kurzen Denkpause, gehen wir darin einig, dass es ja eben nicht möglich ist, weiter zu verhandeln, denn die Situation muss akzeptiert werden wie sie ist.

Ich spüre, dass das MÜSSEN bedrückend im Raum steht. Beide Kinder kennen die Erfahrung, etwas zu müssen, aus ihrem Alltag. Die Ausweglosigkeit, die damit im Raum steht und eine Hürde sein kann. Es bedrückt mich, dass als Lösung nur “Es über sich ergehen lassen” im Raum steht, obwohl diese je nach Situation natürlich auch sinnvoll sein kann.

Nun rennt uns die Zeit davon und ich spüre, dass es wohl nicht möglich sein wird, die Kinder bei einer eigenen Lösungsfindung zu begleiten. Dennoch möchte ich dies nicht so im Raum stehen lassen. Es fühlt sich wie eine verpasste Chance an.

Ich ergreife ein Blatt Papier und schreibe auf die eine Seite:

“Ich lasse es über mich ergehen! – Passiv”

und auf die andere

“Ich mache das Beste daraus! – Aktiv”

Nachdem ich beiden Kindern die beiden Seiten nacheinander gezeigt habe, liegt Aufbruchstimmung in der Luft. Bald werden alle in ihren individuellen Alltag starten. Da meint das eine Kind, während es bereits aufsteht: “Ha, man kann ja jetzt zum Coiffeur und wenn dann die Läden öffnen, dann kann man sich ein neues Outfit kaufen und hat dann im nächsten Monat wieder Geld, um neu gestylt, mit tollen Kleidern ins Restaurant essen gehen! Ich glaube, so macht man das Beste daraus.”

Mit diesem Text möchte ich aufzeigen, dass es aktive und passive Handlungsweisen gibt. Dabei ist es mir wichtig festzuhalten, dass dabei nicht gewertet werden darf, welche davon ein Mensch wählt. Dies hängt von vielen Faktoren ab. Uns Aussenstehenden bleibt dann wiederum die Wahl, ob wir es über uns ergehen lassen und/oder das Beste daraus machen. Wichtig dabei ist, dass wir handlungsfähig sind, um uns frei für die für uns stimmige Lösung zu entscheiden.

In Gedanken bin ich (und ich weiss auch meine Kinder) bei all den Menschen, die es in der momentanen Situation schwer haben und mit wirtschaftlichen Sorgen kämpfen. Für sie halten wir uns penibel an alle Auflagen des Bundes und hoffen damit beitragen zu können, dass sich die Situation verbessert. Nebenbei plane ich meinen nächsten Coiffeur-Besuch, die Kinder benötigen alle neue Sommerkleider und es gibt eine umfangreiche Liste mit geplanten Museum- und Restaurantbesuchen.

Leben im Spagat – Herausforderung leben

Noch immer ist unser Alltag von der Corona Pandemie bestimmt. Dennoch hat sich das Leben verändert. Wir alle konnten (mussten) neue Wege und Strategien finden und orientieren uns an dem, was möglich und vernünftig ist. Dies ist ein Rückblick mit anschliessender Feststellung, dass der Ausblick in die Zukunft müssig ist, wenn eh nur der Moment beeinflusst werden kann.

Leben im Spagat

Bald ist es ein Jahr her, dass ich mir mit meinem Homeschooling-Blog, den Überblick, in der damals noch neuen Corona-Situation, verschafft habe. Man könnte auch sagen, es war mein Strohhalm, als ich meine Beratungstätigkeit als Evolutionspädagogin® gezwungenermassen einstellen musste. Diese Zeit hatte mir deutlich vor Augen geführt, wie sehr ich meine Arbeit liebe und damit tätig sein möchte. Noch immer befinden wir uns in der Pandemie und derzeit wieder in einem Lockdown, wobei man diesen nun als – Shutdown – bezeichnet. Die Begrifflichkeiten ändern sich, die Herausforderung, die diese Pandemie an unsere Gesellschaft stellt, besteht noch immer. Es ist ein ewiges auf und ab, hin und her. Fast könnte man daran verzweifeln.

Anders als noch im ersten Shutdown, kann ich dieses Mal meine Lernberatungen anbieten. Erkenntnisse über das Virus haben ergeben, dass Abstand, Handhygiene, Lüften, Desinfektion und Hygienemasken eine Beratung sicher machen. Eine anfängliche Skepsis meinerseits, was das Maskentragen anbelangt, konnte ich ablegen. Es war ermüdend zu Beginn, aber nur so lange bis mein Gehirn sich an die neue Situation angepasst hat. Anstatt auf die Gesichtsmimik, achte ich automatisch mehr auf den Körperausdruck und den Augenausdruck. Eine neue Erfahrung und ebenso eine Schulung für die Zukunft. Sollten wir wieder ohne Hygienemasken physischen Kontakt haben können, habe ich einen erweiterten Beobachtungsschatz und werde diesen einsetzen können. Meine jungen Kund*innen haben sowieso keine Probleme. Sie gehen unbeirrt durch das Leben und lassen sich von solchen Nebensächlichkeiten wie Hygienemasken nicht in ihrer Entwicklung hemmen.

Dank der vielen Zeit und Mühe die ich letzten Frühling in meine Blogs investiert habe, haben in den letzten Monaten viele Menschen den Weg in meine Beratungspraxis gefunden. Sie konnten mich über meine Blogbeiträge im Vorfeld bereits etwas kennenlernen und erste Grundlagen über die Evolutionspädagogik® erfahren. Dies ist etwas, was ich nie in diesem Umfang erwartet hätte. Dies zu erleben, hat mich unglaublich beeindruckt und beseelt. Gleichzeitig ist es mir ein Ansporn nicht aufzugeben und den geweckten Erwartungen gerecht zu werden.

Die neuen Hürden in meinem Alltag bestehen nun darin, die Beratungen mit meinen Blogs zeitlich unter einen Hut zu bringen. Obwohl ich gerne schreibe und es mir leicht fällt, ist es dennoch zeitintensiv. Momentan habe ich zu akzeptieren, dass die Tätigkeit in der Beratungspraxis im Zentrum steht und die Schreibzeit etwas hinten an stehen muss. Quasi das Gegenteil von letztem Frühling. Aber wer weiss schon, wie es nächsten Frühling aussehen wird. Mir darüber Gedanken zu machen ist vergeudete Zeit.

Ich spüre deutlich, dass es nun wichtig ist, den Menschen zu begegnen. Es gibt, trotz Pandemie, sichere Möglichkeiten sich zu treffen, auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir sind soziale Wesen, dafür geschaffen uns an unserem Gegenüber zu spiegeln, unsere Position in der Gruppe zu finden und Meinungsverschiedenheiten von Angesicht zu Angesicht auszutragen. Dies macht uns aus, das gibt uns Sicherheit und lässt uns wachsen. Keine*r sollte alleine sein und es gilt mit Verstand und Vernunft Lösungen zu finden, um niemanden im Stich zu lassen. Auch wenn es momentan Beschränkungen gibt, mit wie vielen Menschen und Haushalten man sich treffen darf, heisst dies nicht, dass man niemanden treffen darf. Im Gegenteil, ein Treffen kann dadurch auch an Gewicht und Exklusivität gewinnen. Ich sehe dich, ich treffe dich und nehme mir Zeit für dich! Gleichzeitig hilft ein gemeinsamer Spaziergang gleichzeitig den Vitamin D-Tank zu füllen und stärkt das Immunsystem. Ein Schwatz mit dem Verkäufer, der Versicherungsberaterin am Telefon oder den Schulkindern auf dem Heimweg, nutzen wir den Moment der Begegnung und gestalten wir ihn positiv. Vergessen wir was sein könnte, schöpfen wir aus dem was wir haben.

Es ist allein der Moment der uns gehört.

Meeting Evopäd® – Affe

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd® auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

L. ist eine aufgeweckte 5. Klässlerin und ist gern mit anderen Kindern zusammen. Immer wieder kommt es jedoch in Gruppensituationen zu Streitereien bei denen L. federführend ist. In der Schule sind die Leistungen der Schülerin gut bis hervorragend, wenn es um den aktuellen Stoff geht. Wenn ein Wissensthema schon etwas länger zurück liegt, dann fällt es L. schwerer sich daran zu erinnern und daran anzuknüpfen. Die Lehrerin muss L. während dem Unterricht häufig auffordern sich wieder an den Platz zu setzen, weil sie unnötig im Klassenzimmer umherwandert.

Ich arbeite mit L. in der 5. Stufe des Evopäd® Modells, der Affenstufe. Die immer wieder auftauchenden Streitereien in der Gruppe deuten drauf hin, dass sich die Schülerin schwer tut, wenn es um Teamkompetenzen geht. Dabei kann sie gut herrschen und Stimmung machen, es fällt ihr jedoch schwer sich anzupassen. Das umherwandern im Unterricht könnte darauf hindeuten, dass ihr der Überblick fehlt. Es könnte auch sein, dass L. sich von der Gruppe abhängig sieht und dabei ihre Individualität vergisst. Von Übungen im Turnunterricht, die Gleichgewicht, Klettern und Balancieren beinhalten, würde L. sehr profitieren. Dabei ist es wichtig, dass sie den Blick in der Balance frei im Raum umherschweifen lässt. Wahlweise könnte es auch Helfen einen Text auf dem Schaukelbrett o.ä. zu lesen, um das ziellose Umherwandern im Unterricht zu durchbrechen. Bei den Übungen bei mir in der Beratungspraxis begleite ich die Bewegungen sprachlich mit “Beschäftige dich mit dir selbst” oder “spiele mit den anderen”.

Die Themen der Affenstufe sind in der Pubertät besonders aktuell. Klettern, Schlittschuhfahren, Jonglieren oder auch Gruppenspiele können in der Schule gezielt eingesetzt werden, um den Jugendlichen wertvolle Impulse zu geben und das Klassenklima zu verbessern.

Einfach mal Affig sein…

Achtung: es gibt immer wieder Kinder die von Gleichgewichtsübungen, Jonglieren etc. überfordert sind und alles üben und motivieren keine Fortschritte bringt. Dort hilft es einen Blick in die darunter liegenden Stufen zu werfen. Vielleicht beginnt dieses Kind vorerst mit Übungen aus der 4. Stufe (Säugetier), um dann darauf aufbauen zu können.

Immer Sonntags…ein Gedankenspiel aus der Evopäd®

Ob wir etwas als positiv oder negativ, als interessante Herausforderung oder als unüberwindbares Hindernis bewerten, hängt von unseren Vorerfahrungen ab. Schon der griechische Philosoph Epiktet sagte: “Nicht die Dinge selbst beunruhigen uns, sondern unser Meinungen über diese Dinge.” Ob ich also beispielsweise Blitz und Donner während eines Gewitters als gefährlich und bedrohlich oder stattdessen als spannend und aufregend empfinde, hängt davon ab, welche Erfahrungen ich in der Vergangenheit mit Gewittern gemacht habe.

Auch wie ein Kind etwa eine schulische Aufgabenstellung bewertet, ist von seinen Vorerfahrungen abhängig. In der Pädagogik müssen wir daher alles daran setzen, dass Schüler*innen positive Erfahrungen vermittelt werden. Dies erfordert, dass Aufgabenstellungen und Anforderungen so an die Kinder herangetragen werden, dass sie beherrschbar sind.

Auszug aus dem Buch “Das bewegte Gehirn – 7 Körperübungen für clevere Kinder” von Ludwig Kroneberg und Silke Gramer-Rottler

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 57

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Freitag, 8. Mai 2020

Inspirierende Lernerfahrung

Erklärungen und Hilfen rund ums Thema Lernen sind meine Spezialität. Ich beschäftige mich tagtäglich mit Lernprozessen und allem was dazu gehört. Praktisch daran ist, obwohl ich nicht zur Schule gehe, als Mensch dennoch ständig einem Lernprozess ausgesetzt bin. So werde ich mehr oder weniger ständig mit dem Thema konfrontiert. Es gilt dann auf der Hut zu sein und ein Bewusstsein zu entwickeln, um die Lernerfahrung in dem Moment zu erkennen. Das gelingt mir auch mal mehr oder weniger, denn wie in jedem Beruf oder jeder Tätigkeit, stellt sich dabei manchmal eine gewisse “Betriebsblindheit” ein. “Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht”, wie man so schön zu sagen pflegt.

Eben sass ich vor dem PC und habe auf YouTube live den aktuelle “Point du presse” des Bundesrates mitverfolgt. Ein grosser Teil der Pressekonferenz fand in französischer Sprache statt. Zuerst war ich genervt, weil es so für mich viel schwerer war die Informationen zu verstehen und gleichzeitig deren Hintergrund zu erfassen. Dann ertappte ich mich beim Gedanke wie sympathisch und was für ein guter Redner Bundesrat Alain Berset doch ist. Kurze Zeit später merkte ich, dass ich die Herausforderung angenommen hatte. Ich begann meine Fremdsprachenkenntnisse zu testen, was mir dann auch zunehmend Spass bereitete und zufriedenstellend klappte. Neben bei dachte ich mir auch, was für ein tolles Land die Schweiz doch ist und bewunderte mit welcher Selbstverständlichkeit die Teilnehmer dieser Pressekonferenz zwischen zwei Landessprachen hin und her wechselten. Zu guter Letzt ertappte ich mich beim Gedanken: “Wieso nicht öfters mal wieder meine Französischkenntnisse aktiv einsetzen und auffrischen?”

Wow, was ist denn da alles passiert?

Zuerst war mein Gehirn gar nicht bereit etwas lernen zu wollen. Ob es daran lag, dass den beiden Hirnhälften durch den Stress die Vernetzung fehlte? Bestimmt! Es ist etwas anderes, wenn man lediglich mit einem Ohr hinhören muss und die Informationen im vorbeigehen aufnehmen kann, als wenn man noch den Umweg “genau hinhören und dann noch den Fremdsprachenspeicher einschalten” einsetzen muss. Dafür musste erst einmal ein Gleichgewicht gefunden werden. Da halfen der sympathische Lehrer Bundesrat Berset, aber auch die Wissbegierde (ich wollte unbedingt die neusten Corona-Infos habe) mit. Damit stellte sich der Spass ein. Spass (oder auch dürfen bzw. es sich zu erlauben) ist “DIE Superkraft” um Gehirnleistung zu erbringen (hier schrieb ich bereits einmal dazu) . Schlussendlich gab es dann sogar noch eine Zusatzbelohnung in Form der Feststellung, dass es als Schweizerin absolut Sinn macht, eine weitere Landessprache zu erlernen und regelmässig zu üben. Das ist doch schon mal eine gute Voraussetzung für eine nächste Französischlektion.

Dieser Blogbeitrag entstand in vollkommener Ruhe und Konzentration. Die Dauer der Medienzeit der Kinder, lag dafür weit über der erlaubten Tagesmenge, was aber für einmal niemand bemängelte oder störte.

In der Komfortzone gibt es nichts was dich weiterbringt. Stell dich der Herausforderung!

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 54

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Dienstag, 5. Mai 2020

Eine Tür geht zu und eine andere auf

Herzlichen Dank all jenen, die sich nach meinem Beitrag von gestern Gedanken gemacht haben. Ich darf hier freudig verkünden, dass sich ein Tor aufgetan hat und ich eine (Übergangs-)Lösung gefunden habe. Sobald ich mein Sicherheitskonzept erstellt habe und alles spruchreif ist, werde ich auf der Homepage und per Newsletter entsprechend informieren.

Es geht weiter……und bleibt spannend.

Ansonsten befinden wir uns hier alle in einem Zwischenstadium. Das ist grad nicht einfach auszuhalten. Wir hatten es uns ja eigentlich gerade gemütlich gemacht, an alles gewöhnt und nun ist da die Aussicht auf erneute Umstellungen nächste Woche. Vieles wird sich wieder verändern. Zum positiven und auch zum negativen.

Zudem müssen wir uns (naja besonders ich), damit abfinden, dass einige Möglichkeiten und Chancen, die diese Corona-Zeit auch angeboten hat, nicht ausgeschöpft wurden. So habe ich z.B. KEIN einziges Buch gelesen, kein Referat erstellt, nie Ukulele geübt und auch die Nähmaschine nie angerührt. Auch all die Spiele die nie gespielt, Projekte die nicht realisiert oder die Filme die nicht geschaut wurden, werden wohl vorläufig keine tragende Rolle in unserem Leben spielen. So haben wir auch keine Rechtschreibprogramme, Reihentrainingsübungen und viel zu selten Evopäd©-Übungen gemacht. Ich habe nicht regelmässig (eigentlich nur zweimal) meditiert, habe nur 5 Wochen mein Spazierprogramm aufrecht erhalten und bin eher ausgebrannt, denn erholt. Alles vertane Chancen und ich hatte heute Vormittag wirklich schlechte Laune deswegen.

Mit etwas Abstand, Innehalten und neuem Überblick, kann ich relativeren. Wir haben nicht nichts gemacht. Wir haben unsere Prioritäten anders gesetzt, als es auch möglich gewesen wäre.

  • Wir haben viele lange Gespräche geführt
  • Ich habe 55 Blogbeiträge geschrieben (in täglichem Rhythmus)
  • Wir haben unseren ganzen Garten neu gestaltet, zwei Hochbeete errichtet, befüllt und angesetzt
  • Wir haben einzeln und als Familie harmonisiert, funktioniert und auch reagiert
  • Jedes Familienmitglied hat neue Fähigkeiten erworben (besonders technischer Natur)
  • Alle drei Kinder haben mindestens EIN Buch gelesen (freiwillig und unaufgefordert)
  • Alle Familienmitglieder haben regelmässig Sport betrieben (ebenfalls freiwillig und unaufgefordert)
  • Wir haben unendlich viel gemeinsame oder auch paarweise Quality-Time verbracht und genossen
  • Wir haben unser Daheim genossen und belebt
  • ALLE Familienmitglieder können nun Kaffee mahlen und kochen, Pfannkuchen backen, Wäsche zusammenlegen, rudimentär aufräumen, Staubsaugen, Tisch decken und abräumen und noch viele Haushaltdinge mehr
  • Ich weiss, dass ich unter Druck in relativ kurzer Zeit Informationsschreiben, Hygienekonzepte, Notfallpläne, Blogbeiträge etc. verfassen kann
  • Ich kann geschriebenes auch einfach mal veröffentlichen ohne es 1000 Mal zu hinterfragen und korrigieren (!!!!)
  • Ich kann mich abgrenzen, meine Bedürfnisse äussern und verteidigen
  • Das können die Kinder dank meinem Vorbild nun auch
  • Gleichzeitig haben wir uns im gegenseitigen Respekt geübt
  • Es braucht immer weniger als man denkt und es lässt sich vieles kreativ um-, ab- und verwandeln
  • Anderen helfen und Freude bereiten hilft und schenkt Trost (für beide Parteien)
  • Die Kinder kennen die “Schule” und den Lernprozess aus einer anderen Perspektive und haben sich damit praktisch auseinandergesetzt
  • Wir haben viele Beziehungen, Freundschaften und Bekanntschaften auf neuen Ebenen entdeckt und gepflegt
  • In der Theorie wusste ich, Evolutionspädagogik© ist unglaublich. Nun weiss ich, sie ist auch praktisch unglaublich Krisen- und Alltagstauglich!

Diese Liste ist nicht abschliessend und ist nicht halb so vielfältig, wie sie in Tatsache ist. Ich schliesse sie nun einfach ab, da die Küche ruft!

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 49


Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Donnerstag, 30. April 2020

Die Möglichkeit unmögliches zu schaffen – oder dem unmöglichen die Möglichkeiten auszuschöpfen

Heute hatte ich genug. Von Corona? Ach lassen wir Corona mal beiseite. Das ist in meinem Universum Alltag eigentlich recht belanglos. Momentan habe ich einfach genug von:

  • Mir Gedanken zu machen, wann ich den PC einmal für mich haben werde, um ein zwei Dinge zu erledigen
  • Das Kind erzählen zu lassen und zu merken, dass mir meine eigenen Gedanken nicht erlauben, ihm zuzuhören
  • Es trotzdem weitererzählen zu lassen
  • Mich deshalb als schlechte Mutter zu fühlen
  • Die Kinder ständig anzuspornen, doch einmal an einer Aufgabe dran zu bleiben und mich dabei selber zu fragen, wieso ich so töne, wie ich nie tönen wollte
  • Gedanklich durchzugehen, ob und welche Kinder bereits ihr Musikinstrument gespielt haben
  • Abzuwägen, ob man die Kinder aufschreckt, obwohl sie grad so schön beschäftigt sind (natürlich nicht am Schulstoff), damit sie ihre Instrumente üben, aufräumen etc…. (Liste ist beliebig verlängerbar)
  • Mich zu fragen, was es mittags zu essen gibt und ob die halbe Stunde die mir fürs kochen bleibt, überhaupt dafür reicht. Meist muss dann eh innert einer Viertelstunde gekocht sein
  • Mir zu sagen, dass ich eine gute Mutter bin und einfach die Umstände scheisse sind
  • Mich zu fragen, ob es nachlässig ist, den ganzen Tag kein einziges Mal die Nachrichten gehört zu haben
  • Nebst der vielen Schul-Onlinezeit der Kinder, am Nachmittag trotzdem die Ipads zu erlauben und sie damit sogar in ihre Zimmer zu schicken
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, die Aufgaben abzubrechen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist.
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, das Kind weiter an den Aufgaben arbeiten zu lassen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist
  • Zu merken, dass eine Evo-Übung für ein Kind sinnvoll wäre. Diese Feststellung zu verdrängen, weil ich jetzt einfach nicht auch noch Energie für eine Lernberatung habe
  • Mich alle halbe Stunde zu fragen, ob ich am Abend schon wieder eine Weinflasche öffnen soll/kann/darf
  • Mich ständig zu fragen, ob ich das Kind (multipliziert mit 3) nicht noch mehr, fördern, antreiben, in Ruhe lassen oder anhören sollte
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann zur Arbeit fahren kann
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann wieder Daheim von der Arbeit berichtet
  • Angst zu haben, wie das bloss wird, wenn all das Programm und die Verpflichtungen noch weiter zunehmen (Tag für Tag kommt wieder mehr dazu)
  • dass der Begriff “Schutzkonzept”, in meinem Kopf als Synonym “alles wird anstrengender, langsamer und komplizierter” abgespeichert ist
  • dass ich meine Gedanken nicht bremsen kann, um allem/allem Aufmerksamkeit zu schenken
  • dass ich meinen Gedanken nicht freien lauf lassen kann, weil ich allem/allen Aufmerksam schenke
  • diese Liste endlos erweiterbar ist

Das einzige was ich heute tun konnte ist, den Schultag abzubrechen und in den Gartenmarkt zu fahren. Meine Rettung ist nämlich momentan all die Zeit die ich im Garten verbringe. Es ist für mich Meditation, Anstrengung, etwas erschaffen und beobachten, wie sich daraus selbst etwas erschafft. Ich halte mich sozusagen an einer übergeordneten Gesetzmässigkeit fest, die mir im Gegensatz zu einer Pandemie, recht vertraut ist. Ausserdem kann ich dabei wunderbar aus dem Haus flüchten und bin trotzdem erreichbar. Es tat ausserordentlich gut neue Gartenbewohner kaufen zu können und nun ist mir auch total klar, weshalb die Gartencenter in der Öffnungsstrategie eine so grosse Rolle spielen. Also doch was gelernt. Auch die Kinder die dabei waren. Dazu steht bestimmt etwas im Lernplan21 und somit ist mein Gewissen frei von Schuld.

Am Nachmittag habe ich mir dann Lesezeit gegönnt. Diese ist tagsüber momentan eine Seltenheit und nachts verschlafe ich sie. Wobei, eingeschlafen bin ich dann auch…. Als ich aufwachte, lag eine freundliche Aufforderung auf mir drauf. Ja, machen wir mal weiter….

Von der Müdigkeit übermannt

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 48 Nr. 1

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Mittwoch, 29. April 2020

Tiefpunkt

Mein erster Gedanke heute morgen galt besonders einem unserer Kinder. Es hatte sich bereits im Verlauf der letzten Tage abgezeichnet, dass dieses Familienmitglied zunehmend litt. Dies äusserte sich mit Gefühlsschwankungen, Gereiztheit und Schlafstörungen. Mein erster Gedanke war, ihm einen freien (Schul-)Tag zu organisieren. Einfach in der Schule krank melden. Das hätten sicher auch die Lehrer*innen vollkommen verstanden. Dann allerdings dachte ich daran, wie pflichtbewusst genau dieses Kind war und dass es dann die versäumten Aufgaben, in noch kürzerer Zeit nacharbeiten würde. Der Druck würde sich noch erhöhen und damit das Gegenteil bewirken, was ich bezwecken wollte.

Da kam mir der Gedanke, das Nützliche mit dem Praktischen zu verbinden. “Win win – Situationen” sind mir eh die liebsten. Wir fahren zu zweit einkaufen, gönnen uns so eine Auszeit vom “bleiben sie zu Hause” und verbringen gemeinsame Zeit zu zweit. Sowieso ist ein Perspektivenwechseln in verzwickten Situationen hilfreich. Mein Vorschlag kam erfreulicherweise sehr gut an. Das Kind konnte sich seit Tagen wieder einmal anders kleiden, zurechtmachen und auf etwas freuen. Mir dagegen gelang es kaum, vor dem verlassen des Hauses einen Blick in den Spiegel zu werfen, (“Chum jetzt Mami, das isch jetzt doch nid so schlimm”) denn es galt vor dem Aufbruch, alles in die Wege zu leiten, dass während unserer Abwesenheit, von den Zurückgebliebenen am Schulstoff gearbeitet wird (es wäre sonst besonders für mich eindeutig keine Win-win-Situation mehr). Zudem bedeutet ein Zwei-Wocheneinkauf auch einkaufslistenmässig einiges an Denkarbeit. Zu guter Letzt war es aber dann soweit, dass wir die Einkaufstour tätigen konnten. Unterwegs war ich zwar weiterhin zu mehr Multitasking gezwungen als mir lieb wäre. Das Haus mit Anweisungen verlassen, heisst leider nicht, dass nicht auch unterwegs noch per Telefon Erklärungen und Anweisungen nötig sind. Aber, und das ist die Hauptsache, die Mission hat sich gelohnt. Wir waren noch nicht einmal ganz fertig mit dem Einkauf, das meinte das begleitende Kind: “Mami, das hat jetzt aber wirklich gut getan.”

Homeschooling- ein Tagebuch – Tag 42

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Donnerstag, 23. April 2020

Auf der Suche nach Achtsamkeit

Es fühlt sich an wie in einer Waschmaschine. Die Tage fliessen und verwässern. Oft weiss ich nicht wo unten, oben, vorne und hinten ist. Eindeutige Stressanzeichen. Gestern habe ich unsere beiden Jüngsten zur Seite genommen und ihnen erzählt, wie das alles auf mich einprasselt. Wir sitzen zwar derzeit so oft nebeneinander wie sonst nie, aber mein Geist ist währenddessen überall und nirgends. Ich habe ihnen erklärt, dass es für mich überhaupt nicht stimmig ist, dass es aber der derzeitigen Situation geschuldet ist, dass ich selten voll und ganz für sie da sein kann. Es geht einfach nicht anders. Dabei war es mir wichtig, dass sie wissen, dass sie trotz allem an erster Stelle stehen, denn seit jeher gilt bei uns “Family first”. Wir haben deshalb vereinbart, dass sie immer ein Vetorecht haben. Was bedeutet, dass ich, wenn es für sie nötig ist, alles stehen und liegen lasse. Das heisst, der Laptop wird zugeklappt, das Telefon weggelegt und auch das Handy ausgeschaltet. Wenn sie es brauchen, dann sollen sie 100 % Aufmerksamkeit bekommen.

Achtsamkeit ist ein hohes Gut. Davon bin ich fest überzeugt. Unser Alltag ist Corona verschuldet scheinbar überhaupt nicht achtsam. Aber Achtsamkeit wartet bis sie dran ist. Achtsamkeit leben wir an den Nachmittagen auf unseren Fahrradtouren durch den Wald und wenn wir auf der Parkbank den Vögel lauschen. Auch wenn es nur 10 Minuten sind, bis das Handy wieder klingelt. Ich bin auch der Meinung, dass es sehr achtsam ist zu bemerken, dass die Achtsamkeit fehlt.

Achtsamkeit bedeutet für mich auch mit meinen Kinder zu sprechen, wenn ich die Last verspüre, dass ich ihnen nicht gerecht werde. Im gleichen Zug fördert es die Achtsamkeit der Kinder, wenn sie lernen auf ihre Bedürfnisse zu achten. Als Evolutionspädagogin© erkenne ich auch aggressives Verhalten, Rückzug, Unruhe, Gefühlsausbrüche als Hinweis darauf, dass das Kind Aufmerksamkeit benötigt. Dann ist es einfach nicht möglich, dies sprachlich zu benennen, da das unterbewusste Denken den Stress zu lösen versucht.

Natur pur

Homeschooling- ein Tagebuch – Tag 41

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Mittwoch, 22. April 2020

Ich habe heute viel gelernt. Nach Monaten habe ich herausgefunden, wie man auf meinem Handy Sprachnachrichten im Whatsapp verschickt. Es war heute einfach nötig. Ich weiss nun, wie man selber Zoom-Meetings erstellt. Das zu tun war heute einfach nötig. Schulfreie Mittwoch Nachmittage sind Gold wert. Es der heutige war sehr nötig.

Viele Lernerfahrungen werden momentan aus der Notwendigkeit heraus gemacht, einfach weil sie nötig sind.

Wenn um 21.00 Uhr erst Zeit da ist, um einen Blogbeitrag zu schreiben, dann muss der Tag ohne diesen auskommen. Das ist jetzt einfach nötig.

Ich melde mich morgen in neuer frische. Versprochen, denn normalerweise habe ich das schreiben hier sehr nötig.

Es gab Zeiten, da konnte man in den Tag hinein leben.