Meeting Evopäd© – Amphibie

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd© auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Als ich T. kennenlerne, sehe ich zuerst nur seine Mutter. Er selber steht hinter ihr und macht sich quasi unsichtbar. Beide stolpern quasi über die Türschwelle im Jugendhaus, weil sich der Junge angestrengt ans Bein der Mutter klammert und dadurch versucht für mich unsichtbar zu bleiben. Er ist wirklich gestresst durch diese Situation. Beide kommen das erste Mal zu mir und wissen nicht, was sie erwartet. T. wäre wohl am liebsten gar nicht erst aus dem Auto geklettert. Neue Umgebungen und unbekannte Menschen mag er gar nicht was auch dazu geführt hat, dass die beiden zu mir kommen. Die Mutter hat grosse Hoffnungen, dass sie in der Beratung Tipps erhält wie T. seine Scheu verliert, die im Alltag immer wie belastender wird. Die Befürchtung steht im Raum, dass seine fehlende Neugier ihn nach dem Übertritt in die Primarschule Schwierigkeiten bereiten wird.

Auch nach den ersten Minuten möchte T. lieber auf dem Schoss der Mutter sitzen und macht keine Anstalten die Räume zu erkunden. Mir scheint wahrscheinlich, dass T. wohl in der Amphibien-Stufe blockiert ist. Diese Stufe ordnen wir in der Evopäd® dem unbewussten Denken zu. Obwohl er Daheim aufgeweckt ist und sich für alles mögliche interessiert, ist er im Kindergarten scheu, spricht nur leise und zieht sich lieber alleine zurück, anstatt mit den anderen Kindern zu spielen.

Während ich mit der Mutter spreche, schaut T. immer wieder kurz zum Kriechtunnel. Dieser liegt bei mir immer einsatzbereit im Raum. “Warst du schon einmal in so einem Tunnel?” frage ich T. Er schaut mich kurz an, nickt und versteckt sich dann wieder im Arm seiner Mutter. “Dort kann man sich gut zurückziehen”, sage ich. “Wenn du neugierig bist, dann kannst du es mal ausprobieren. Aber du musst nicht, bei mir ist alles freiwillig.”

Ich spüre, dass T. wirklich neugierig darauf wäre in diesen Tunnel zu kriechen. Er schaut nun seine Mutter an und sie nickt ihm ermunternd zu. Er scheint die Gefahr nicht alleine abschätzen zu können. Deshalb stehe ich nun auf, hebe den Tunnel leicht an, damit T. sieht, dass sich nichts darin befindet. Gleichzeitig ziehe ich ihn noch etwas näher zu uns. Darauf scheint der Junge nur gewartet zu haben und ehe wir uns versehen ist er in der Röhre verschwunden. Im Rückzug fühlt er sich wohl. Nun beginne ich damit ihn in seiner Neugier zu wecken. Ein munteres Spiel, mit in den Tunnel zurück kriechen und wieder hervorschauen, beginnt. Das Eis ist gebrochen und T. ist für den Rest der Beratung neugierig und aufgeweckt, so wie seine Mutter es auch von zu Hause kennt.

Neugier ermöglicht neue Lernerfahrungen

Für die nächste Zeit ermuntere ich die Eltern, dass sie mit T. auch zu Hause mit Rückzug und Neugier spielen. Dazu eignet sich Verstecken spielen oder auch ein Tischhaus bauen. Die Mutter wird auch mit der Kindergärtnerin sprechen und erklären, dass es wichtig ist bei T. in Rückzugsmomenten die Neugier zu wecken oder ihm zu ermöglichen sich zuerst einmal zu verstecken und T. entscheiden zu lassen, wann er wieder hervor kommt. Dabei ist es wichtig T. auch in der Kommunikation über die blockierte Stufe zu begleiten. “Magst du dich zurückziehen?” “Kommst du wieder wenn du neugierig bist?” “Du kannst auch vorsichtig hervorkommen!” “Ist es schön versteckt zu sein?”

T. im richtigen Moment diese Möglichkeiten anzubieten, wird ihn dabei unterstützen neue positive Erfahrungen auf der Amphibien-Stufe zu machen. Es soll ihm ermöglichen leichter und gezielter zu unterscheiden, wann ein Rückzug wirklich angebracht ist oder ob eine natürliche Neugier mehr Sinn macht. Gerade im Kindergarten und später auch im Schulalltag wird es für T. wertvoll sein, wenn seine Neugier in stressigen Momenten, wenn neue Lernerfahrungen anstehen, nicht gleich verschwindet.

Auch ältere Kinder benötigen manchmal den Rückzug um neues zu lernen

Ist mein Kind Schulreif?

Als Spielgruppenleiterin und Evolutionspädagogin wird mir häufig die Frage gestellt, ob das Kind Kindergarten- oder Schulreif ist. Viele Eltern sind unsicher, wenn die Anmeldung für den Schuleintritt eintrifft. Natürlich kann ich auf diese Fragen keine allgemeingültige Antwort geben. Jedes Kind ist individuell und seine Entwicklung nicht planbar. Trotzdem gibt es einige Anhaltspunkte, die für einen Entscheid berücksichtig werden können.

Als Evolutionspädagogin®/Lernberaterin, habe ich immer im Hinterkopf, dass Körpergleichgewicht und die Fähigkeit dreidimensional wahrzunehmen grundlegende Voraussetzungen sind, damit Lernen stressfrei gelingt. Sie sind die Basis für Sozialverhalten, Sprache und logisches Verständnis. All dies wird in den ersten 4/5 Jahren vom Kind über die Bewegung erarbeitet. Es erstaunt also nicht, dass ich die Eltern als erstes nach der Bewegungsentwicklung ihres Kindes frage.

Wie ist es bei deinem Kind?

Ist es gekrabbelt? Schwimmt es? Kann es Fahrrad/Roller fahren?

Lernen setzt «neugierig sein» voraus. Ohne Neugierde gelingt lernen nur mit Anstrengung. Stellt dein Kind von sich aus Fragen und ist es neugierig?

Bei mir in der Praxis, lasse ich das Kind Kreise, Schlaufen und liegende-8en malen. Ist die Händigkeit festgelegt? Wie sieht die Hand-Augenkoordination aus? Ist die Schreibhaltung/Stifthaltung unverkrampft? Was beobachtest du bei deinem Kind?

Kann dein Kind rechts und links unterscheiden? Die Unterscheidung von links und rechts am eigenen Körper ist die Grundlage für die Orientierung in der Welt, im Raum und auf dem Zahlenblatt in der Schule. Es auch die Grundlage für mathematisches Denken und das Verständnis des Zahlenstrahls (kleiner/grösser). Ist dein Kind nicht immer sicher, dann lässt sich das gut im Alltag üben.

Auch vorwärts und rückwärts klettern auf einer Leiter (bei kleineren Kindern auch Treppen vorwärts und rückwärts hochsteigen) zeigen an, ob die Wahrnehmung im Raum und das räumliche Vorstellungsvermögen stabilisiert wurden. Achte drauf, dass die Kletterbewegung sowohl hoch wie auch runter über Kreuz (mit beiden Beinen abwechselnd) stattfindet.

Beim Balancieren achte auf die Augen des Kindes. Können sie frei umher wandeln oder muss es noch sehr auf den Untergrund achten? Lass es nach einem Vogel oder eine Wolke sehen. Vielleicht sieht es irgendwo einen roten Gegenstand?

Der Tastsinn verleiht uns Körperempfinden. Das Ertasten von Gegenständen mit geschlossenen Augen trainiert die Fähigkeit zu visualisieren. Das ist die Basis für Rechtschreiben und Rechnen können. Dies lässt sich mit Kindern gut als Spiel üben und macht auch kleineren Kindern Spass.

Dies sind einige meiner Schulreifefragen. Kann dein Kind dies alles? Dann sind wichtige Grundlagen vorhanden, dass es den Anforderungen der Schule gerecht werden kann, Freude am Lernen findet und seine Potentiale entfalten kann.

Dein Kind hat noch Mühe? Dann gib ihm die Gelegenheit, die entsprechende Fähigkeit spielerisch auszuprobieren. Balancieren und klettern zum Beispiel lassen sich überall im Alltag einbauen. Wichtig ist, dass es ohne Zeit und Erfolgsdruck geschieht.

Sollten sich dennoch keine Fortschritte einstellen oder es bestehen nach wie vor Unsicherheiten und Zweifel was die Schule anbelangt, dann melde dich bei mir.