Meeting Evopäd® – Mensch

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd® auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Die siebte und letzte Gehirnstufe des Evopäd®-Modells ist der “Mensch”. Sie steht für den evolutiv neusten Bereich des Gehirns. Alles was in unserem Gehirn verarbeitet, gelernt und verinnerlicht wird, wird schlussendlich darüber vereinigt und angewandt. Über den präfrontalen Kortex erfolgt dann die Planung von komplexen Verhaltensweisen und der Ausdruck unserer Persönlichkeit.

Wissenschaftler bezeichnen diese anspruchsvollen Aufgaben, die im präfrontalen Kortex gemeistert werden, als “exekutive Funktionen”. Wir können unsere Umgebung bewerten und Kontrolle über unsere Gedanken übernehmen. In der Evopäd® sprechen wir von der Kommunikations- und Kooperationskompetenz.

Die Fertigkeit mit dem Gehirn kognitiv Höchstleistungen zu erbringen, wird in unserer Gesellschaft als äusserst erstrebenswert angeschaut. Dies ist auch in unserem Schulsystem gut zu erkennen, welches schlussendlich immer ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt. Es ist bewundernswert zu welcher intellektueller Arbeit der Mensch fähig ist. Viele unserer Errungenschaften, die durch gewaltige Gehirnleistungen entstanden sind, sind für unserem Alltag und Leben ein grossen Segen.

Ein gesundes und fittes Gehirn, bildet sich jedoch nicht nur über Denkarbeit. Es ist quasi das Resultat eines erworbenen Erfahrungsschatz, der sich via Bewegung, Wahrnehmung und Sprache bildet. Für alle die sich mit dem Lernprozess von Kindern und Jugendlichen beschäftigen, ist es äusserst wertvoll zu wissen, dass sich der präfrontale Kortex erst im Alter von 20 – 25 Jahren (in Einzelfällen wird sogar von 30 Jahren gesprochen) seine Entwicklung abschliesst. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich junge Erwachsene , über das Teenageralter hinaus, schwer tun die Welt zu verstehen und mit ihr zu interagieren.

“Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht!”

Unser Gehirn profitiert von vielfältige Erfahrungen

Machen wir uns also klar, dass es für heranwachsende Menschen deutlich mehr Zeit und Geduld benötigt, damit sie möglichst stressfrei eine umfassende Gehirnentwicklung bewältigen können, als es uns bewusst ist. Je mehr Reize, Herausforderungen, Unterstützung und Möglichkeiten wir dieser kognitiven Entwicklung zur Verfügung stellen, desto erfolgreicher wird sie verlaufen.

Es wäre deshalb wichtig, bei Kindern und Jugendlichen nicht zu früh auf Spezialisierung zu drängen. Wenn man bedenkt, dass bei einem 13-jährigen Kind unter Umständen noch einmal eine weitere 13-jährige intensive Gehirnentwicklungszeit bevorsteht, ist es unsinnig diese Entwicklungsphase einzuschränken. Viel wichtiger ist es neue Impulse zu geben und das Kind Dinge auszuprobieren zu lassen, mit denen es noch keinen oder wenig Kontakt hatte. Je mehr Freude, Interesse und Spiel dabei zum Zuge kommen, desto einfacher werden neue Inhalte gelernt und gefestigt. Dabei gilt es bewusst viel mit körperlicher Bewegung und praktischen Erfahrungen zu verbinden. Dabei gilt: Weniger ist mehr. Je weniger Eltern ihre Kinder drängen und je mehr sich die Kinder selbst einbringen dürfen, desto besser. In unserer heutigen Welt kommen diese Erfahrungen eher zu kurz und deshalb müssten, gerade im schulischen Umfeld, diese Bereiche mehr Gewicht erhalten. Wir agieren umgebungs- und gesellschaftsbedingt verkopft, dies ist ein Fakt. Es macht keinen Sinn dies als negativ oder schlecht darzustellen. Aber es sollte uns bewusst sein, damit wir das fördern, was fehlt. Unser Gehirn wird es uns danken.

Unter diesem Gesichtspunkt, ist es um so schmerzlicher Jugendlichen zu begegnen, die nach 9 Jahren obligatorischer Schulzeit keinerlei Perspektiven mehr haben und sich nichts mehr zutrauen. Dabei wären sie gerade im richtigen Alter, um mit jugendlicher Lebensenergie die Erwachsenenwelt zu erkunden und praktische Lebenserfahrung zu sammeln. Gerade diese jungen Menschen sind eine Bereicherung für unsere bereits festgefahrenen Strukturen und können mit unvoreingenommener Sicht und neuem Elan wertvolle Impulse liefern. Es ist für verunsicherte junge Menschen hilfreich , wenn ein erfahrener Mensch ihnen vermittelt, dass Fehler, Unsicherheit, Planlosigkeit, Mutlosigkeit in diesem Alter (und natürlich auch später noch) sein dürfen. Dieser Vertrauensvorschuss ist die Grundlage, dass sich dies ändern kann.

Dabei hilft das bewusst sein, dass sowohl junge wie auch gereifte Gehirne ein Leben lang Entwicklungspotential haben. Denn: “Unvollkommen sein heisst noch wachsen können”.

Meeting Evopäd® – Fisch

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd© auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Jugendliche Klient*innen sitzen häufig bei mir am Tisch, starren ins leere und können dabei nicht sagen, was das Problem ist, was sie fühlen, was sie wollen….. Sie sind lustlos und ohne jede Energie. Wenn mal etwas gesprochen wird, dann am ehesten: “Es ist mir egal.” oder “Das Leben ist halt scheisse.” Dabei überkommt mich oft das Gefühl, wir sässen gemeinsam vor einem Berg, der unüberwindbar erscheint und ich müsse mein Gegenüber dazu bewegen, entweder den Berg wegzuschaufeln oder hoch zu klettern. Das wird aber nicht passieren, denn genau deswegen ist dieser Schüler, diese Schülerin bei mir gelandet. Da haben sich bereits Eltern, Lehrer*innen und andere gutmeinende Menschen kommunikativ erfolglos abgemüht. Mein Gegenüber ist in seinem Urvertrauen erschüttert und es fehlt die Ruhe und Gelassenheit die Situation zu meistern. Mit den Umbrüchen, die in dieser Lebensphase automatisch erfolgen, entfernt sich der Schoss der Mutter, die starke Schulter des Vaters und es benötigt neue Strategien, um sich als junge*r Erwachsene*r in Sicherheit zu wiegen.

Die Jugend hat Heimweh nach der Zukunft.

Jean-Paul Sartre
Wenn die (Ur-)Sicherheit fehlt.

Auf dem Modell der Evolutionspädagogik®, ordnen wir die Fischstufe dem unbewussten Denken zu. Es befindet sich im Stammhirn, welches uns zu Urzeiten aus Situationen gerettet hat, in denen reflexhaft reagiert werden musste. Dies erklärt auch, weshalb bei Blockaden auf dieser Stufe Gespräche nicht zielführend sind. Sie erreichen unser Gegenüber nur schwer und tragen nicht dazu bei, dass eine Handlungsfähigkeit entsteht, um das Problem zu lösen, zumal das Problem selbst, ja gerade vom Klienten/der Klientin nicht vollumfänglich erfasst werden kann.

Wenn Sprache versagt, dann hilft Bewegung. Mit diesem Grundsatz aus der Evolutionspädagogik® gelingt es die Klippe zu umschiffen. Die Grundübung aus dieser Stufe ermöglicht es, auf einfache Weise körperlich zu spüren, was es bedeutet “einfach da zu sein”. Dabei sind Augen und Gleichgewicht noch nicht relevant. Einzig die Atmung und dann und wann eine leichte Schaukelbewegung sind dafür nötig. Dabei ist es wie in jeder Evopäd®-Übung nicht wichtig, wie gut es gelingt. Viel wichtiger ist es sich einfach in diese Körpererfahrung zu begeben und zu beobachten wie es sich anfühlt.

“Einfach da sein.”

“Einfach da sein ist genug”