Meeting Evopäd® – Fisch

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd© auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Jugendliche Klient*innen sitzen häufig bei mir am Tisch, starren ins leere und können dabei nicht sagen, was das Problem ist, was sie fühlen, was sie wollen….. Sie sind lustlos und ohne jede Energie. Wenn mal etwas gesprochen wird, dann am ehesten: “Es ist mir egal.” oder “Das Leben ist halt scheisse.” Dabei überkommt mich oft das Gefühl, wir sässen gemeinsam vor einem Berg, der unüberwindbar erscheint und ich müsse mein Gegenüber dazu bewegen, entweder den Berg wegzuschaufeln oder hoch zu klettern. Das wird aber nicht passieren, denn genau deswegen ist dieser Schüler, diese Schülerin bei mir gelandet. Da haben sich bereits Eltern, Lehrer*innen und andere gutmeinende Menschen kommunikativ erfolglos abgemüht. Mein Gegenüber ist in seinem Urvertrauen erschüttert und es fehlt die Ruhe und Gelassenheit die Situation zu meistern. Mit den Umbrüchen, die in dieser Lebensphase automatisch erfolgen, entfernt sich der Schoss der Mutter, die starke Schulter des Vaters und es benötigt neue Strategien, um sich als junge*r Erwachsene*r in Sicherheit zu wiegen.

Die Jugend hat Heimweh nach der Zukunft.

Jean-Paul Sartre
Wenn die (Ur-)Sicherheit fehlt.

Auf dem Modell der Evolutionspädagogik®, ordnen wir die Fischstufe dem unbewussten Denken zu. Es befindet sich im Stammhirn, welches uns zu Urzeiten aus Situationen gerettet hat, in denen reflexhaft reagiert werden musste. Dies erklärt auch, weshalb bei Blockaden auf dieser Stufe Gespräche nicht zielführend sind. Sie erreichen unser Gegenüber nur schwer und tragen nicht dazu bei, dass eine Handlungsfähigkeit entsteht, um das Problem zu lösen, zumal das Problem selbst, ja gerade vom Klienten/der Klientin nicht vollumfänglich erfasst werden kann.

Wenn Sprache versagt, dann hilft Bewegung. Mit diesem Grundsatz aus der Evolutionspädagogik® gelingt es die Klippe zu umschiffen. Die Grundübung aus dieser Stufe ermöglicht es, auf einfache Weise körperlich zu spüren, was es bedeutet “einfach da zu sein”. Dabei sind Augen und Gleichgewicht noch nicht relevant. Einzig die Atmung und dann und wann eine leichte Schaukelbewegung sind dafür nötig. Dabei ist es wie in jeder Evopäd®-Übung nicht wichtig, wie gut es gelingt. Viel wichtiger ist es sich einfach in diese Körpererfahrung zu begeben und zu beobachten wie es sich anfühlt.

“Einfach da sein.”

“Einfach da sein ist genug”

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 47

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Dienstag, 28. April 2020

Pro Konsensfindung

Eine Demokratie in der nicht gestritten wird, ist keine.

Helmut Schmidt

Als ich heute Morgen das Radio einschaltete und die Nachrichten hörte, liess mich folgender Beitrag aufhorchen. Wie darin berichtet wird haben die diesjährigen Maturant*innen eine Petition lanciert, bei welcher sie fordern, dass in diesem Jahr keine Maturitätsprüfungen stattfinden sollen (die Petition ist unter change.org online zu finden). Zu gross sei die Angst vor Ansteckung, die ungleichen Bedingungen in der Prüfungsvorbereitung in den letzten Wochen und die hohe Belastung in der Krise. Dagegen hält der Präsident des Schweizerischen Arbeitsgeberverbands, Valtentin Vögli, dass es von den zukünftigen Akademiker*innen etwas anderes erwartet, als dass sie, “den Weg des geringsten Widerstandes gehen”.

Ich möchte hier gar nicht auf diese beiden Positionen eingehen. Wobei sich bei mir schon die Frage stellt, weshalb Lehrabschlussprüfungen dieses Jahr nicht schriftlich, sondern nur praktisch erfolgen und bei der Maturität dagegen Prüfungen mit Anwesenheitspflicht stattfinden sollen.

Vielmehr finde ich es sehr passend, dass mir diese Diskussion eine wunderbare Möglichkeit gibt, einen Bogen zu meinem Beitrag von Gestern zu spannen. Ich schrieb darin von meiner Hoffnung, dass sich das Schulsystem für neue Perspektiven offen zeigt. Diese entstehen vollkommen natürlich, sozusagen evolutiv, nach jeder herausfordernden Lebenssituation, denn die Gegebenheiten danach sind nicht mehr die selben wie zuvor. Es wäre schade, wenn man daraus keine Wachstumsmöglichkeiten (neue Erfahrungen auswerten und Bewährtes weiterhin umsetzen) ergreifen würde.

Ist es denn nun eine Lösung, den verunsicherten (und natürlich auch Chancen auslotenden, wir waren schliesslich alle mal jung) Maturant*innen vorzuwerfen, sie nehmen ihre Verpflichtung nicht war, für die Wirtschaft ein (erstes) Opfer zu erbringen? Wo kommt man den hin, wenn zukünftige Akademiker*innen bereits vor der Reifeprüfung eigene Gedanken und Meinungen haben. Wer in irgendeiner Art Erziehungserfahrung sammeln konnte, hat bestimmt erlebt, dass Drohgebärden, Erpressen und Druck nur unschöne Situationen erzeugen und in keinem Fall eine zufriedenstellende Lösung für alle Beteiligten. Die bewährte direkte Demokratie der Schweiz wäre eine gute Leitlinie, wie eine Konsensfindung funktioniert. Wobei diese im Fall der Maturant*innen, auch die Frage aufwirft, welche Möglichkeiten die Jugend in unserem politischen System derzeit überhaupt haben. Wie dem auch sei, anstatt eine Einigung auf Augenhöhe zu verhandeln, wird mit Druck und Drohgebärde gearbeitet. Schade, denn genau so geht die Möglichkeit verloren, gemeinsam eine der Situation angemessene und nachhaltige Lösung zu generieren und gleichzeitig den Grundstein für eine verantwortungsvolle nachkommende Generation zu legen. Bei der im übrigen auch die Wirtschaft profitieren könnte.

Kann friss oder stirb eine Lösung sein?