Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 49


Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Donnerstag, 30. April 2020

Die Möglichkeit unmögliches zu schaffen – oder dem unmöglichen die Möglichkeiten auszuschöpfen

Heute hatte ich genug. Von Corona? Ach lassen wir Corona mal beiseite. Das ist in meinem Universum Alltag eigentlich recht belanglos. Momentan habe ich einfach genug von:

  • Mir Gedanken zu machen, wann ich den PC einmal für mich haben werde, um ein zwei Dinge zu erledigen
  • Das Kind erzählen zu lassen und zu merken, dass mir meine eigenen Gedanken nicht erlauben, ihm zuzuhören
  • Es trotzdem weitererzählen zu lassen
  • Mich deshalb als schlechte Mutter zu fühlen
  • Die Kinder ständig anzuspornen, doch einmal an einer Aufgabe dran zu bleiben und mich dabei selber zu fragen, wieso ich so töne, wie ich nie tönen wollte
  • Gedanklich durchzugehen, ob und welche Kinder bereits ihr Musikinstrument gespielt haben
  • Abzuwägen, ob man die Kinder aufschreckt, obwohl sie grad so schön beschäftigt sind (natürlich nicht am Schulstoff), damit sie ihre Instrumente üben, aufräumen etc…. (Liste ist beliebig verlängerbar)
  • Mich zu fragen, was es mittags zu essen gibt und ob die halbe Stunde die mir fürs kochen bleibt, überhaupt dafür reicht. Meist muss dann eh innert einer Viertelstunde gekocht sein
  • Mir zu sagen, dass ich eine gute Mutter bin und einfach die Umstände scheisse sind
  • Mich zu fragen, ob es nachlässig ist, den ganzen Tag kein einziges Mal die Nachrichten gehört zu haben
  • Nebst der vielen Schul-Onlinezeit der Kinder, am Nachmittag trotzdem die Ipads zu erlauben und sie damit sogar in ihre Zimmer zu schicken
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, die Aufgaben abzubrechen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist.
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, das Kind weiter an den Aufgaben arbeiten zu lassen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist
  • Zu merken, dass eine Evo-Übung für ein Kind sinnvoll wäre. Diese Feststellung zu verdrängen, weil ich jetzt einfach nicht auch noch Energie für eine Lernberatung habe
  • Mich alle halbe Stunde zu fragen, ob ich am Abend schon wieder eine Weinflasche öffnen soll/kann/darf
  • Mich ständig zu fragen, ob ich das Kind (multipliziert mit 3) nicht noch mehr, fördern, antreiben, in Ruhe lassen oder anhören sollte
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann zur Arbeit fahren kann
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann wieder Daheim von der Arbeit berichtet
  • Angst zu haben, wie das bloss wird, wenn all das Programm und die Verpflichtungen noch weiter zunehmen (Tag für Tag kommt wieder mehr dazu)
  • dass der Begriff “Schutzkonzept”, in meinem Kopf als Synonym “alles wird anstrengender, langsamer und komplizierter” abgespeichert ist
  • dass ich meine Gedanken nicht bremsen kann, um allem/allem Aufmerksamkeit zu schenken
  • dass ich meinen Gedanken nicht freien lauf lassen kann, weil ich allem/allen Aufmerksam schenke
  • diese Liste endlos erweiterbar ist

Das einzige was ich heute tun konnte ist, den Schultag abzubrechen und in den Gartenmarkt zu fahren. Meine Rettung ist nämlich momentan all die Zeit die ich im Garten verbringe. Es ist für mich Meditation, Anstrengung, etwas erschaffen und beobachten, wie sich daraus selbst etwas erschafft. Ich halte mich sozusagen an einer übergeordneten Gesetzmässigkeit fest, die mir im Gegensatz zu einer Pandemie, recht vertraut ist. Ausserdem kann ich dabei wunderbar aus dem Haus flüchten und bin trotzdem erreichbar. Es tat ausserordentlich gut neue Gartenbewohner kaufen zu können und nun ist mir auch total klar, weshalb die Gartencenter in der Öffnungsstrategie eine so grosse Rolle spielen. Also doch was gelernt. Auch die Kinder die dabei waren. Dazu steht bestimmt etwas im Lernplan21 und somit ist mein Gewissen frei von Schuld.

Am Nachmittag habe ich mir dann Lesezeit gegönnt. Diese ist tagsüber momentan eine Seltenheit und nachts verschlafe ich sie. Wobei, eingeschlafen bin ich dann auch…. Als ich aufwachte, lag eine freundliche Aufforderung auf mir drauf. Ja, machen wir mal weiter….

Von der Müdigkeit übermannt

4 Gedanken zu „Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 49#8220;

  1. Obwohl noch keine schulpflichtigen kids zu Hause, sprichst du mir do was von aus der seele – hab sogar heute mal wieder ein stelleninserst näher betrachtet 🤫 da es mich grad auch etwas stresst wie es läuft….
    Schön hast du für dich etwas gefunden das dir so gut tut. Da muss ich auch hin! 😀
    Danke für deine coolen Beiträge.
    Lg

  2. Achja, hier ähnlich…ich empfehle dir: statt die kinder an ihr instrument zu setzten, holen die trommeln raus. Roll das labyrinth aus und lass die kinder deinen rhythmus trommeln während du den weg gehst….sie haben rhythmustechnisch geübt und du wirst ganz anders in diesem chaos stehen…..ich schnapp mir jetzt die schaufel und geh in den garten und arbeite weiter an meinem labyribth im garten….wäre schön, wenn wenn wir uns hier dann mal in echt treffen würden….

    • Eines meiner Kinder spielt Schlagzeug ☺. Dein Labyrinth würde ich gerne mal begehen. Vielleicht bestückst du es noch mit Safran 😁. Herzliche Grüsse ins Wallis

Schreibe einen Kommentar zu Stefanie Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert