Leben im Spagat – Herausforderung leben

Noch immer ist unser Alltag von der Corona Pandemie bestimmt. Dennoch hat sich das Leben verändert. Wir alle konnten (mussten) neue Wege und Strategien finden und orientieren uns an dem, was möglich und vernünftig ist. Dies ist ein Rückblick mit anschliessender Feststellung, dass der Ausblick in die Zukunft müssig ist, wenn eh nur der Moment beeinflusst werden kann.

Leben im Spagat

Bald ist es ein Jahr her, dass ich mir mit meinem Homeschooling-Blog, den Überblick, in der damals noch neuen Corona-Situation, verschafft habe. Man könnte auch sagen, es war mein Strohhalm, als ich meine Beratungstätigkeit als Evolutionspädagogin® gezwungenermassen einstellen musste. Diese Zeit hatte mir deutlich vor Augen geführt, wie sehr ich meine Arbeit liebe und damit tätig sein möchte. Noch immer befinden wir uns in der Pandemie und derzeit wieder in einem Lockdown, wobei man diesen nun als – Shutdown – bezeichnet. Die Begrifflichkeiten ändern sich, die Herausforderung, die diese Pandemie an unsere Gesellschaft stellt, besteht noch immer. Es ist ein ewiges auf und ab, hin und her. Fast könnte man daran verzweifeln.

Anders als noch im ersten Shutdown, kann ich dieses Mal meine Lernberatungen anbieten. Erkenntnisse über das Virus haben ergeben, dass Abstand, Handhygiene, Lüften, Desinfektion und Hygienemasken eine Beratung sicher machen. Eine anfängliche Skepsis meinerseits, was das Maskentragen anbelangt, konnte ich ablegen. Es war ermüdend zu Beginn, aber nur so lange bis mein Gehirn sich an die neue Situation angepasst hat. Anstatt auf die Gesichtsmimik, achte ich automatisch mehr auf den Körperausdruck und den Augenausdruck. Eine neue Erfahrung und ebenso eine Schulung für die Zukunft. Sollten wir wieder ohne Hygienemasken physischen Kontakt haben können, habe ich einen erweiterten Beobachtungsschatz und werde diesen einsetzen können. Meine jungen Kund*innen haben sowieso keine Probleme. Sie gehen unbeirrt durch das Leben und lassen sich von solchen Nebensächlichkeiten wie Hygienemasken nicht in ihrer Entwicklung hemmen.

Dank der vielen Zeit und Mühe die ich letzten Frühling in meine Blogs investiert habe, haben in den letzten Monaten viele Menschen den Weg in meine Beratungspraxis gefunden. Sie konnten mich über meine Blogbeiträge im Vorfeld bereits etwas kennenlernen und erste Grundlagen über die Evolutionspädagogik® erfahren. Dies ist etwas, was ich nie in diesem Umfang erwartet hätte. Dies zu erleben, hat mich unglaublich beeindruckt und beseelt. Gleichzeitig ist es mir ein Ansporn nicht aufzugeben und den geweckten Erwartungen gerecht zu werden.

Die neuen Hürden in meinem Alltag bestehen nun darin, die Beratungen mit meinen Blogs zeitlich unter einen Hut zu bringen. Obwohl ich gerne schreibe und es mir leicht fällt, ist es dennoch zeitintensiv. Momentan habe ich zu akzeptieren, dass die Tätigkeit in der Beratungspraxis im Zentrum steht und die Schreibzeit etwas hinten an stehen muss. Quasi das Gegenteil von letztem Frühling. Aber wer weiss schon, wie es nächsten Frühling aussehen wird. Mir darüber Gedanken zu machen ist vergeudete Zeit.

Ich spüre deutlich, dass es nun wichtig ist, den Menschen zu begegnen. Es gibt, trotz Pandemie, sichere Möglichkeiten sich zu treffen, auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir sind soziale Wesen, dafür geschaffen uns an unserem Gegenüber zu spiegeln, unsere Position in der Gruppe zu finden und Meinungsverschiedenheiten von Angesicht zu Angesicht auszutragen. Dies macht uns aus, das gibt uns Sicherheit und lässt uns wachsen. Keine*r sollte alleine sein und es gilt mit Verstand und Vernunft Lösungen zu finden, um niemanden im Stich zu lassen. Auch wenn es momentan Beschränkungen gibt, mit wie vielen Menschen und Haushalten man sich treffen darf, heisst dies nicht, dass man niemanden treffen darf. Im Gegenteil, ein Treffen kann dadurch auch an Gewicht und Exklusivität gewinnen. Ich sehe dich, ich treffe dich und nehme mir Zeit für dich! Gleichzeitig hilft ein gemeinsamer Spaziergang gleichzeitig den Vitamin D-Tank zu füllen und stärkt das Immunsystem. Ein Schwatz mit dem Verkäufer, der Versicherungsberaterin am Telefon oder den Schulkindern auf dem Heimweg, nutzen wir den Moment der Begegnung und gestalten wir ihn positiv. Vergessen wir was sein könnte, schöpfen wir aus dem was wir haben.

Es ist allein der Moment der uns gehört.

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 58

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Samstag, 9. Mai 2020

Ein Abschied und ein Blick in die Zukunft

58 Tage lang habe ich hier jeden Tag ein Lebenszeichen aus unserem Homeschooling-Alltag geschickt. Es war für mich ein grosses Abenteuer, in welches ich mich, aus einem Impuls heraus gestürzt hatte. Zu Beginn war nicht klar, für wie lange und worüber ich schreiben würde. Nun ja, eigentlich war nie klar, was ich schreibe, bis ich dann am Laptop sass. Auch war nie klar, ob es denn auch von jemandem gelesen wird. Schreiben gab mir Halt und Sicherheit in einer aussergewöhnlichen Situation. Mich schriftlich auszudrücken, fiel mir immer leicht. Es ist etwas was mir liegt und einfach von der Hand geht. Dass ich es aber einmal so öffentlich und regelmässig tun würde, hatte ich nie gedacht. Es ist in diesem Lebensabschnitt, in dieser Krise aus mir herausgebrochen und hat sich seinen Weg gebahnt. Diese Gelegenheit nicht zu ergreifen, war keine Perspektive für mich. Hätte ich die Ausdrucksform Schreiben nicht gehabt, wäre ich wohl verrückt geworden.

Für alles danke!

Ab Montag gibt es kein Homeschooling mehr. Unsere drei Kinder werden wieder mit ihren Lehrer*innen und Schulkamerad*innen in ihren Klassenzimmern ihren Schulalltag aufnehmen. Es gibt deshalb für mich keinen Grund mehr, einen Homeschooling-Blog zu schreiben. Erst recht kein Tagebuch. Jetzt wo das öffentliche Leben für alle nach und nach wieder startet, ist es für mich (und ich denke ich spreche auch für den Rest der Familie) auch nicht mehr stimmig, so viel persönliches preiszugeben.

Lebe wohl, liebes Homeschooling-Tagebuch.

Was ich mir für die Zukunft vorstelle und auch vornehme, sind regelmässige Blogeinträge über meine Erfahrungen als Spielgruppenleiterin, Lernberaterin und Mutter dreier (Schul)Kinder. In welcher Form und wie häufig diese veröffentlicht werden kann ich heute noch nicht sagen. Diese Struktur wird aus dem neuen, alten Alltag heraus wachsen. Lassen wir uns alle überraschen.

Dieser Blogbeitrag entstand nach dem Nachtessen, währenddessen die Kinder einen Film schauten, der Mann für mich den Garten goss. Während ich die letzten Zeilen schrieb, hatte ich eine Zukunftsvision vor meinem inneren Auge. Dabei sitze ich an meinem Laptop in einem gemütlichen Tearoom oder Restaurant und schreibe konzentriert an einem Blogbeitrag. Ich schaue auf, zum Fenster hinaus und sehe draussen die Menschen durch die Strassen gehen.

Merci!

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 56

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Donnerstag, 7. Mai 2020

Heute ist freiwilliger Unterricht. Zumindest für zwei meiner Kinder. Die Lehrer*innen haben zwei Vorbereitungstage für den wieder startenden Präsenzunterricht erhalten. Es wurde den Schüler*innen frei gestellt, ob sie weiter am Schulstoff arbeiten wollen oder nicht. Bei uns wurde nicht lange diskutiert. Für mich war klar, dass mich nicht länger als nötig als Lernbegleiterin betätige. Zu gross wäre Kraftaufwand nebst all den Dingen, die ich sonst zu erledigen habe. Meine ausser Haus Tätigkeiten starten nächste Woche wieder und so habe ich mir ebenfalls zwei Vorbereitungstage verordnet, plus eine Erholungsphase, die ich nach diesen drei Fernunterrichts-Wochen dringend benötige. Auch die Kinder haben nicht lange überlegt. Das Pflichtbewusste war bereits in den Startlöchern und kramte Aufgabenblätter hervor, als das Kreativdenkende über all die Möglichkeiten zu referieren begann, welche zwei vogelfreie Tage zu bieten haben. Seither habe ich die beiden nur beim Zmittag gesehen.

Stopp, das stimmt so nicht ganz.

Es gab da noch eine Stunde, die wir nach dem Mittagessen gemeinsam im Garten auf der Bank, vor unserem neu installierten Wildbienenkasten, verbrachten. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten Tagen, Wochen, Monate….Jahre (?) einmal so lange (oder überhaupt einmal?!) friedlich mit den beiden irgendwo gesessen und dabei kleinen Tieren bei der Arbeit zugesehen habe. Dabei haben wir gesprochen und nachgedacht. Es gab in diesem Gespräch philosophische Gedanken, naturpädagogische Fragen und Antworten und auch längere Diskussionen rund um die Familienhistorie.

Als wir dann nach einer Stunde auseinander gingen, hatte ich ein äusserst wohliges Gefühl in meiner Bauchgegend. Eigentlich war es auch eine Art Unterrichtsstunde, die wir da im Garten hatten. Unterrichtstunden gab es in den letzten Wochen einige. Keine davon hatte aber so zufriedenstellend geendet. Meist hatten wir zwar das befreiende Gefühl, etwas abgearbeitet zu haben, aber es fühlte sich nie wirklich befriedigend an. Dieses mal war es komplett anders. Wir konnten zwar nichts abhacken und es blieben viele Fragen offen, aber wir gingen gestärkt auseinander.

Ich freue mich so sehr, ab nächster Woche zu Hause einfach wieder nur Mutter sein zu dürfen und wünsche mir, dass solche Momente weiterhin Teil davon sein werden.

Gartenmandala by Sa

Dieser Beitrag habe ich draussen auf der Terrasse geschrieben, derweil zwei Kreative das Plantschbecken aus dem Keller geschleppt, aufgepumpt und mit Wasser gefüllt haben. Gleich danach, wurde sämtlicher Playmobilbesitz (ein Universum!) nach Draussen geschleppt und nun entsteht eine (zugegeben) unglaubliche Playmobilwelt. Natürlich war der Preis für diese ruhige Redaktionszeit, dass ich diese Betriebsamkeit ignoriert habe und mir bewusst bin, dass ich es bin, die am Abend die Kinder zum Aufräumen motivieren muss……….bzw. schlussendlich selber aufräumt.

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 55

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Mittwoch, 6. Mai 2020

Von Prioritäten und der Kraft sich nicht zu verlieren

Es ist ein grosser Kraftaufwand Menschen beim aufwachsen zu begleiten. Mehr als alles andere, braucht es Energie, Mut, Verständnis und Gelassenheit. Da es ein individueller Weg ist und jede Fähigkeit sowieso nur durch eigenes erlernen angeeignet werden kann, ist es nicht möglich sich dabei durch Theorie, Ratgeber oder mittels Vorbilder durch zu mogeln. Die Kinder lassen dies sowieso nicht zu. Jedes von ihnen ist so einzigartig und dabei auch eigenartig, so dass es einfach keine Ausweichmöglichkeiten und Schleichwege gibt. So ist die Welt. Dieser Weg ist besonders hart und gnadenlos, denn dein Kind ist das liebste und kostbarste was du hast und gleichzeitig strebt es vom ersten Moment in seinem EIGENEN Universum seiner EIGENEN Entfaltung entgegen. Für sein Wachstum ist ihm jede Ressource recht. Deshalb holt es sich auch alles was es von dir und seiner Umwelt kriegen kann.

Was heisst das nun für mich persönlich als Mutter?

Mein Leben ist seit der Geburt des ersten Kindes davon bestimmt, von einer Gratwanderung zwischen geben und abgrenzen, abwägen und nachgeben, zuhören und weghören, hoffen und glauben. Gleichzeitig lebe ich in meinem eigenen Universum und strebe meiner eigenen Entfaltung entgegen. Es gibt so vieles was ich mir selber holen und erlangen möchte……….. ohne Ressourcen abgeben zu müssen. Diese Diskrepanz ist ein Spannungsfeld, welches Kraft gibt, aber auch viel Kraft kostet.

Dies ist das Los und der Segen der Mutterschaft.

Diese Erkenntnis hilft mir dabei:

  • Mich nicht mit anderen Mutter zu vergleichen, denn meine Kinder sind anders als ihre und ich selbst bin anders
  • Auch einmal wütend sein zu dürfen, wenn mir Zeit für mich fehlt
  • Mir Egoismus zu erlauben, wenn ich meine Kraft für mich nutzen will
  • Zu verwöhnen und umsorgen, wenn ein Kind es einfordert
  • Achtsam auf meine Bedürfnisse zu achten
  • Erziehungsratgeber als Erfahrungsberichte anderer zu sehen und als Ermutigung für eigenen Erfahrungen zu nutzen
  • Hilfe anzunehmen und einzufordern, denn sie ist nötig und wichtig um Kinder beim heranwachsen zu unterstützen
  • Meine eigenen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und darauf hinzuarbeiten
  • Die Kinder als eigenständige Persönlichkeiten zu respektieren und sie dabei zu unterstützen, sich nach ihren eigenen Vorstellungen entfalten und entwickeln zu können
  • Meine Möglichkeiten sind begrenzt und ich bin nicht für alles verantwortlich
  • Jede Hürde ist eine neue Chance für Veränderung und Wachstum
  • Verzweiflung, Tränen und Frust sind Gefühle die Berechtigung haben
  • Das Leben ist zu kurz, um es nicht in vollen Zügen zu geniessen
  • Loslassen! Vorstellungen, Wünsche, Erwartungen und besonders die Kinder!

Dieser Text ist entstanden, derweil ich meinem Sohn im Englisch unterstützt und meiner Tochter beim zusammensuchen ihrer Schulutensilien geholfen habe. Meine Ressourcen sind in diesem Fall in verschiedene Richtungen geflossen und nicht wie in meiner Idealvorstellung allein in diesen Beitrag.

Hol dir was du willst!

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 54

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Dienstag, 5. Mai 2020

Eine Tür geht zu und eine andere auf

Herzlichen Dank all jenen, die sich nach meinem Beitrag von gestern Gedanken gemacht haben. Ich darf hier freudig verkünden, dass sich ein Tor aufgetan hat und ich eine (Übergangs-)Lösung gefunden habe. Sobald ich mein Sicherheitskonzept erstellt habe und alles spruchreif ist, werde ich auf der Homepage und per Newsletter entsprechend informieren.

Es geht weiter……und bleibt spannend.

Ansonsten befinden wir uns hier alle in einem Zwischenstadium. Das ist grad nicht einfach auszuhalten. Wir hatten es uns ja eigentlich gerade gemütlich gemacht, an alles gewöhnt und nun ist da die Aussicht auf erneute Umstellungen nächste Woche. Vieles wird sich wieder verändern. Zum positiven und auch zum negativen.

Zudem müssen wir uns (naja besonders ich), damit abfinden, dass einige Möglichkeiten und Chancen, die diese Corona-Zeit auch angeboten hat, nicht ausgeschöpft wurden. So habe ich z.B. KEIN einziges Buch gelesen, kein Referat erstellt, nie Ukulele geübt und auch die Nähmaschine nie angerührt. Auch all die Spiele die nie gespielt, Projekte die nicht realisiert oder die Filme die nicht geschaut wurden, werden wohl vorläufig keine tragende Rolle in unserem Leben spielen. So haben wir auch keine Rechtschreibprogramme, Reihentrainingsübungen und viel zu selten Evopäd©-Übungen gemacht. Ich habe nicht regelmässig (eigentlich nur zweimal) meditiert, habe nur 5 Wochen mein Spazierprogramm aufrecht erhalten und bin eher ausgebrannt, denn erholt. Alles vertane Chancen und ich hatte heute Vormittag wirklich schlechte Laune deswegen.

Mit etwas Abstand, Innehalten und neuem Überblick, kann ich relativeren. Wir haben nicht nichts gemacht. Wir haben unsere Prioritäten anders gesetzt, als es auch möglich gewesen wäre.

  • Wir haben viele lange Gespräche geführt
  • Ich habe 55 Blogbeiträge geschrieben (in täglichem Rhythmus)
  • Wir haben unseren ganzen Garten neu gestaltet, zwei Hochbeete errichtet, befüllt und angesetzt
  • Wir haben einzeln und als Familie harmonisiert, funktioniert und auch reagiert
  • Jedes Familienmitglied hat neue Fähigkeiten erworben (besonders technischer Natur)
  • Alle drei Kinder haben mindestens EIN Buch gelesen (freiwillig und unaufgefordert)
  • Alle Familienmitglieder haben regelmässig Sport betrieben (ebenfalls freiwillig und unaufgefordert)
  • Wir haben unendlich viel gemeinsame oder auch paarweise Quality-Time verbracht und genossen
  • Wir haben unser Daheim genossen und belebt
  • ALLE Familienmitglieder können nun Kaffee mahlen und kochen, Pfannkuchen backen, Wäsche zusammenlegen, rudimentär aufräumen, Staubsaugen, Tisch decken und abräumen und noch viele Haushaltdinge mehr
  • Ich weiss, dass ich unter Druck in relativ kurzer Zeit Informationsschreiben, Hygienekonzepte, Notfallpläne, Blogbeiträge etc. verfassen kann
  • Ich kann geschriebenes auch einfach mal veröffentlichen ohne es 1000 Mal zu hinterfragen und korrigieren (!!!!)
  • Ich kann mich abgrenzen, meine Bedürfnisse äussern und verteidigen
  • Das können die Kinder dank meinem Vorbild nun auch
  • Gleichzeitig haben wir uns im gegenseitigen Respekt geübt
  • Es braucht immer weniger als man denkt und es lässt sich vieles kreativ um-, ab- und verwandeln
  • Anderen helfen und Freude bereiten hilft und schenkt Trost (für beide Parteien)
  • Die Kinder kennen die “Schule” und den Lernprozess aus einer anderen Perspektive und haben sich damit praktisch auseinandergesetzt
  • Wir haben viele Beziehungen, Freundschaften und Bekanntschaften auf neuen Ebenen entdeckt und gepflegt
  • In der Theorie wusste ich, Evolutionspädagogik© ist unglaublich. Nun weiss ich, sie ist auch praktisch unglaublich Krisen- und Alltagstauglich!

Diese Liste ist nicht abschliessend und ist nicht halb so vielfältig, wie sie in Tatsache ist. Ich schliesse sie nun einfach ab, da die Küche ruft!

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 51

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Samstag, 2. Mai 2020

Von Erinnerungen und der Wichtigkeit vom JETZT

Dieses ist eines meiner absoluten Lieblingsbilder. Zum einen, weil damals GC noch bei den Besten, der Besten in der Schweiz mitspielte, zum anderen, weil eines meiner Kinder mit mir die Leidenschaft (oder im Fall von GC das Leiden) für den selben Verein teilt . Dieses Bild konserviert für mich eine äusserst glückliche Erinnerung.

Vieles ist heute anders. GC hat sich aus der Liga verabschiedet und die Zukunft des Vereins ist trotz neuem Geldgeber höchst ungewiss, zum anderen….. schaut euch mal diese Menschenmengen an. Wenn ich die Augen schliesse, dann höre ich die Jubelschreie, das Aufstöhnen und die Schlachtrufe all der Menschen im Stadion. Wann werden wir wohl wieder so etwas erleben können? Jetzt nicht nur auf GC, eher auf Grossveranstaltungen allgemein bezogen.

Gerade eben, hat mich meine Tochter umarmt. Da standen wir, genau so innig wie auf dem Bild, und es fühlte sich einfach vollkommen an. Im hier und jetzt. Was war, spielte keine Rolle und was kommt auch nicht.

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 50

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Freitag, 1. Mai 2020

“Nach em Räge schiint d Sunne…”

Alles neu macht der Mai. Nicht sehr einfallsreich der Spruch ich weiss. Aber es klingt sehr hoffnungsvoll und das braucht es an solchen düsteren Regentagen wie diesen. Ich habe zu viel Zeitung gelesen, war zu lange in Internetforen und war vom Mann zu sehr beim Homeschooling entlastet. Das lässt düstere Gedanken hochkommen.

Natürlich gibt es auch positives. Im Nachhinein. Ich danke der Natur, dass sie im März und April so grosszügig auf all den Regen verzichtet hat und mich und meine Mitmenschen so verschwenderisch mit Sonnenschein, Wärme und Serotonin versorgt hat. Wäre die Wetterlage in den letzten Wochen wie die der beiden letzten Tage gewesen, wer weiss, wie wir die Zeit überstanden hätten. Deshalb sei ihr dieser Dauerregen auch zu gönnen.

Dazu passt ein heutiges Bonmot unserer Jüngsten und das teile ich hiermit gerne mit euch:

Ich helfe gerne, wenn jemand es braucht und erst recht, wenn es ernst ist.

Da Fischer, 9 Jahre

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 49


Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Donnerstag, 30. April 2020

Die Möglichkeit unmögliches zu schaffen – oder dem unmöglichen die Möglichkeiten auszuschöpfen

Heute hatte ich genug. Von Corona? Ach lassen wir Corona mal beiseite. Das ist in meinem Universum Alltag eigentlich recht belanglos. Momentan habe ich einfach genug von:

  • Mir Gedanken zu machen, wann ich den PC einmal für mich haben werde, um ein zwei Dinge zu erledigen
  • Das Kind erzählen zu lassen und zu merken, dass mir meine eigenen Gedanken nicht erlauben, ihm zuzuhören
  • Es trotzdem weitererzählen zu lassen
  • Mich deshalb als schlechte Mutter zu fühlen
  • Die Kinder ständig anzuspornen, doch einmal an einer Aufgabe dran zu bleiben und mich dabei selber zu fragen, wieso ich so töne, wie ich nie tönen wollte
  • Gedanklich durchzugehen, ob und welche Kinder bereits ihr Musikinstrument gespielt haben
  • Abzuwägen, ob man die Kinder aufschreckt, obwohl sie grad so schön beschäftigt sind (natürlich nicht am Schulstoff), damit sie ihre Instrumente üben, aufräumen etc…. (Liste ist beliebig verlängerbar)
  • Mich zu fragen, was es mittags zu essen gibt und ob die halbe Stunde die mir fürs kochen bleibt, überhaupt dafür reicht. Meist muss dann eh innert einer Viertelstunde gekocht sein
  • Mir zu sagen, dass ich eine gute Mutter bin und einfach die Umstände scheisse sind
  • Mich zu fragen, ob es nachlässig ist, den ganzen Tag kein einziges Mal die Nachrichten gehört zu haben
  • Nebst der vielen Schul-Onlinezeit der Kinder, am Nachmittag trotzdem die Ipads zu erlauben und sie damit sogar in ihre Zimmer zu schicken
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, die Aufgaben abzubrechen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist.
  • Ständig abzuwägen ob es ok ist, das Kind weiter an den Aufgaben arbeiten zu lassen, wenn die Zeit Vorgabe abgelaufen ist
  • Zu merken, dass eine Evo-Übung für ein Kind sinnvoll wäre. Diese Feststellung zu verdrängen, weil ich jetzt einfach nicht auch noch Energie für eine Lernberatung habe
  • Mich alle halbe Stunde zu fragen, ob ich am Abend schon wieder eine Weinflasche öffnen soll/kann/darf
  • Mich ständig zu fragen, ob ich das Kind (multipliziert mit 3) nicht noch mehr, fördern, antreiben, in Ruhe lassen oder anhören sollte
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann zur Arbeit fahren kann
  • Neid und Frustration zu verspüren, wenn der Mann wieder Daheim von der Arbeit berichtet
  • Angst zu haben, wie das bloss wird, wenn all das Programm und die Verpflichtungen noch weiter zunehmen (Tag für Tag kommt wieder mehr dazu)
  • dass der Begriff “Schutzkonzept”, in meinem Kopf als Synonym “alles wird anstrengender, langsamer und komplizierter” abgespeichert ist
  • dass ich meine Gedanken nicht bremsen kann, um allem/allem Aufmerksamkeit zu schenken
  • dass ich meinen Gedanken nicht freien lauf lassen kann, weil ich allem/allen Aufmerksam schenke
  • diese Liste endlos erweiterbar ist

Das einzige was ich heute tun konnte ist, den Schultag abzubrechen und in den Gartenmarkt zu fahren. Meine Rettung ist nämlich momentan all die Zeit die ich im Garten verbringe. Es ist für mich Meditation, Anstrengung, etwas erschaffen und beobachten, wie sich daraus selbst etwas erschafft. Ich halte mich sozusagen an einer übergeordneten Gesetzmässigkeit fest, die mir im Gegensatz zu einer Pandemie, recht vertraut ist. Ausserdem kann ich dabei wunderbar aus dem Haus flüchten und bin trotzdem erreichbar. Es tat ausserordentlich gut neue Gartenbewohner kaufen zu können und nun ist mir auch total klar, weshalb die Gartencenter in der Öffnungsstrategie eine so grosse Rolle spielen. Also doch was gelernt. Auch die Kinder die dabei waren. Dazu steht bestimmt etwas im Lernplan21 und somit ist mein Gewissen frei von Schuld.

Am Nachmittag habe ich mir dann Lesezeit gegönnt. Diese ist tagsüber momentan eine Seltenheit und nachts verschlafe ich sie. Wobei, eingeschlafen bin ich dann auch…. Als ich aufwachte, lag eine freundliche Aufforderung auf mir drauf. Ja, machen wir mal weiter….

Von der Müdigkeit übermannt

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 48 Nr. 1

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Mittwoch, 29. April 2020

Tiefpunkt

Mein erster Gedanke heute morgen galt besonders einem unserer Kinder. Es hatte sich bereits im Verlauf der letzten Tage abgezeichnet, dass dieses Familienmitglied zunehmend litt. Dies äusserte sich mit Gefühlsschwankungen, Gereiztheit und Schlafstörungen. Mein erster Gedanke war, ihm einen freien (Schul-)Tag zu organisieren. Einfach in der Schule krank melden. Das hätten sicher auch die Lehrer*innen vollkommen verstanden. Dann allerdings dachte ich daran, wie pflichtbewusst genau dieses Kind war und dass es dann die versäumten Aufgaben, in noch kürzerer Zeit nacharbeiten würde. Der Druck würde sich noch erhöhen und damit das Gegenteil bewirken, was ich bezwecken wollte.

Da kam mir der Gedanke, das Nützliche mit dem Praktischen zu verbinden. “Win win – Situationen” sind mir eh die liebsten. Wir fahren zu zweit einkaufen, gönnen uns so eine Auszeit vom “bleiben sie zu Hause” und verbringen gemeinsame Zeit zu zweit. Sowieso ist ein Perspektivenwechseln in verzwickten Situationen hilfreich. Mein Vorschlag kam erfreulicherweise sehr gut an. Das Kind konnte sich seit Tagen wieder einmal anders kleiden, zurechtmachen und auf etwas freuen. Mir dagegen gelang es kaum, vor dem verlassen des Hauses einen Blick in den Spiegel zu werfen, (“Chum jetzt Mami, das isch jetzt doch nid so schlimm”) denn es galt vor dem Aufbruch, alles in die Wege zu leiten, dass während unserer Abwesenheit, von den Zurückgebliebenen am Schulstoff gearbeitet wird (es wäre sonst besonders für mich eindeutig keine Win-win-Situation mehr). Zudem bedeutet ein Zwei-Wocheneinkauf auch einkaufslistenmässig einiges an Denkarbeit. Zu guter Letzt war es aber dann soweit, dass wir die Einkaufstour tätigen konnten. Unterwegs war ich zwar weiterhin zu mehr Multitasking gezwungen als mir lieb wäre. Das Haus mit Anweisungen verlassen, heisst leider nicht, dass nicht auch unterwegs noch per Telefon Erklärungen und Anweisungen nötig sind. Aber, und das ist die Hauptsache, die Mission hat sich gelohnt. Wir waren noch nicht einmal ganz fertig mit dem Einkauf, das meinte das begleitende Kind: “Mami, das hat jetzt aber wirklich gut getan.”

Homeschooling – ein Tagebuch – Tag 46

Eine Familie bestehend aus Vater, Mutter und 3 Kindern wird durch die Schulschliessung, eine Massnahme der Schweizer Regierung aufgrund der Corona Pandemie, mit Homeschooling konfrontiert.

Montag, 27. April 2020

Über Veränderung und Wertschätzung

Heute hat sich für mich gerade zweimal die Gelegenheit ergeben, in einem persönlichen Gespräch über die Zukunft zu philosophieren. Nun versuche ich diese Gedanken hier in Worte zu fassen, denn es umtreibt mich gerade sehr. Es geht um die Zukunft des Schulsystems. Dass es für Schüler*innen und Lehrer*innen neue Perspektiven braucht, war bereits vor der Corona-Krise immer in der Diskussion. Neurologische- und gesellschaftliche Erkenntnisse weisen darauf hin, dass ein struktureller Wandel stattfinden sollte, um die Jugend für die Anforderungen der heutigen Welt zu rüsten. An vorderster Front stehen die Wirtschaftsunternehmen, die gutgerüstete Berufsleute fordern, um sie für ein möglichst grosses Wachstum am Markt und dem Wettbewerb einzusetzen. Aber unabhängig davon, ist es ein gesellschaftliches Thema, über welche Fähigkeiten die heranwachsende Generation, für eine positive und glückliche Zukunft verfügen sollte.

Nun frage ich mich inmitten dieser ganzen Krise, als Mutter von drei Daheim beschulten Kindern. Welchen Wandeln wird sich durch diese Krise ergeben? Schüler*innen und Lehrer*innen werden danach schier Unmögliches geleistet haben. Lehrpersonen haben ihren Unterricht adaptiert, haben Weisungen und innovative Ideen umgesetzt, haben sich mit neuen technischen Möglichkeiten arrangiert und haben alles gegeben um Schüler*innen gerecht zu werden. Die Schüler*innen wiederum haben versucht umzusetzen, was von ihnen verlangt wird, haben nicht zuletzt für ihre Lehrer*innen alles gegeben und entdeckt, dass es für Lernerfahrungen nicht per se ein Schulzimmer braucht.

Nun sind alle in den Startlöchern. Am 11. Mai wird die Schule wieder losgehen. Es ist uns allen zu wünschen. Es scheint mir, wären die meisten davon überzeugt, dass an diesem Datum einfach zum Normalbetrieb zurückgekehrt werden kann. Ja, es wird wieder Schule im Schulhaus stattfinden, aber ich vermute, dass sich nicht wie “Normalbetrieb” anfühlen wird. Nicht, weil vielleicht die Klassengrössen angepasst werden, der Unterricht öfter draussen stattfindet, keine Lager oder Schulreisen durchgeführt werden…. Nein, ich meine nicht die coronabedingten Anpassungen, die uns sowieso noch lange begleiten werden. Ich meine, dass ausnahmslos alle (!) Kinder und Lehrer*innen neue Erfahrungen gemacht haben, die nun Einfluss auf den wiederkehrende Schulalltag nehmen werden. Welche das sind, das kann niemand sagen und sie sind sicher auch individuell. Was es sein wird und in welchem Ausmass, da müsste man Wahrsager*in sein. Ich persönlich habe die heimliche Hoffnung oder auch nur den Wunsch, dass die grösste Veränderung von Seite des kleinsten und einflusslosesten (auch verletzlichsten) Teil des Schulsystems, den Schüler*innen, ins Rollen gebracht wird. Meine zweite Hoffnung ist, dass die Lehrer*innen wiederum dieses “Pflänzchen” (es wird bestimmt ein feines, kleines) hegen und pflegen werden. Diese einmalige Chance gilt es bitte zu nutzen.

Zu guter Letzt habe ich noch eine Hoffnung, die sich unbedingt bewahrheiten sollte, denn sonst bin ich wirklich in meinen Grundfesten erschüttert. Ich hoffe, dass sich in unserer Gesellschaft eine Dankbarkeit gegenüber dem verletzlichsten Bevölkerungsteil einstellt. Ja, sie sind verletzlich, auch wenn sie keiner Risikogruppe angehören und scheinbar auch nicht von Corona bedroht sind. Dennoch haben sie einen grossen Verzicht ausüben müssen und anders als bei anderen Bevölkerungsgruppen, beruhte der Entscheid bei ihnen nicht auf Freiwilligkeit. Sie wurden nicht gefragt. Es wurde für sie entschieden. All den Vorschul-, Kindergarten-, Primarschulkinder, die Oberstufenschüler*innen, die Studenten und Berufsschulschüler*innen, die all die Wochen zu Hause geblieben sind und unter erschwerten (bestimmt zuweilen auch schwierigen) Bedingungen an ihren Lernzielen gearbeitet haben, gebührt Anerkennung und Wertschätzung. Es ist kein wirtschaftlicher Verlust, der in diese Wochen mit der Heimbeschulung entstanden ist. Aber es ist ein grosser menschlicher Verlust, wenn von einer, nicht finanziell messbaren Leistung, kein Notiz genommen und noch schmerzlicher, wenn einfach wie vorher weitergemacht wird.

Danke, danke, danke liebe Kinder und Jugendliche!