Wozu eine Lernberatung?

Immer wieder werde ich gefragt, wozu Menschen bei mir in die Lernberatung kommen. Dieser Blogbeitrag soll dazu beitragen diese Frage all jenen zu beantworten, die sich nicht zu fragen trauen oder via Internet und Google-Suche vielleicht sogar das erste Mal davon hören. Weshalb soll jemand zu mir kommen und was kann er/sie von mir erwarten?

In der praktischen Pädagogik fragen wir nicht danach, was dem Kind fehlt, was es kann oder nicht kann, sondern wir fragen und schauen, wie es die Welt wahrnimmt.

Ludwig Kroneberg, Silke Gramer-Rottler
Was wenn es gefühlt nicht mehr weiter geht?

Wer bei mir anruft und einen Termin vereinbart, der ist erfahrungsgemäss selten nur neugierig oder interessiert. Meistens sind es Eltern, die sich auf Lösungssuche befinden. Sie machen sich Sorgen, weil ihr Spielgruppen-, Kindergarten-, Schulkind oder auch Jugendliche/r mit Problemen zu kämpfen hat. Diese können sowohl schulischer wie auch privater Natur sein.

Manchmal sind es offensichtliche Schwierigkeiten (Lese-, Schreib-, Rechenprobleme) die schon länger bestehen, manchmal sind es auch kleine Auffälligkeiten (Mühe mit Einschlafen, Ruhelosigkeit, Gefühlsausbrüche), die nur die Eltern feststellen.

Oft versuchen die Eltern oder auch Lehrer*innen bereits längere Zeit das Kind mit verschiedenen Lösungen zu unterstützen und fördern, aber die Versuche scheitern oder sind nicht nachhaltig. Manche Kinder waren/sind bereits in der Logopädie, Psychomotorik oder im Nachhilfeunterricht. Manchmal fanden Elterngespräche satt, an denen Probleme festgestellt und festgehalten wurden, aber niemand wusste wie diese angegangen werden können. Manchmal wurde bereits vieles ausprobiert, hat aber nur eine bestimmte Zeit funktioniert oder gar nicht. All diese Unterstützungsangebote sind an eine Grenze gestossen, was die Eltern bewegt sich auf weitere Lösungssuche zu begeben.

Manchmal benötigt es eine neue Sicht, um die passende Lösung zu finden

Wieso sollte gerade eine Lernberatung Probleme lösen können?

  1. Sicht des Kindes

Das Modell der Evolutionspädagogik® unterstützt uns dabei zu erkennen, wie das Kind die Welt wahrnimmt. Was passiert, wenn die Herausforderung zu gross wird? Wo ist der Punkt der Überforderung? Dazu nutze ich meinen Blick, den der Eltern (wenn sie anwesend sind) und natürlich den des Kindes. Dabei ist es nicht nötig, genau zu wissen was den Stress auslöst und überhaupt darüber zu sprechen. Die Suche findet spielerisch und in der Bewegung statt.

2. Unvoreingenommene Sicht

Eine unvoreingenommene Sicht ist dabei grundlegend. Alles was das Kind kann ist richtig und wichtig. Daran muss nichts ändern. Veränderungen entstehen nur, wenn das Kind mit Freude und Interesse neue Erfahrungen macht und diese als so wertvoll erachtet, um sie zu integrieren. Da jeder Mensch ob gross oder klein intuitiv lösungsorientiert handelt, wird das Kind in jedem Fall diese Möglichkeit nutzen, wenn sie sich ihm bietet. Dabei ist es hilfreich, dass ich als Aussenstehende keinen Teil des Schul- und Privatalltags bin. Mein Blick ist unbelastet und ich bin bewusst kein Teil der (aktiven) Lösung. Mein Anteil beschränkt sich darin Verhaltensweisen zu erklären und Lösungsangebote zu machen.

3. Nachhaltige Unterstützung

Eltern und Kinder können nach einer Lernberatung (stressige) Situationen in der Schule und Alltag besser einschätzen und verfügen über neue Möglichkeiten diese zu meistern. Kinder lernen (entdecken wieder), dass sie eigenverantwortlich handeln können und am besten wissen, was sie brauchen. Dadurch können Eltern loslassen und aufatmen. Dabei profitieren sämtliche Familienmitglieder und auch das weitere Umfeld ob privat oder geschäftlich. Auch künftige Elterngespräche, Geschäftstermine, Gruppensituationen etc. werden dadurch entspannter verlaufen.

4. Lohnende Investition

Lernberatungen sind eine lohnende Investition. 2 – 3 Beratungstermine reichen aus, um eine neue Sicht auf die Welt zu erhalten. Sie lösen nicht in jedem Fall sofort jedes (Lern-)Problem, dazu ist das Gehirn zu komplex und keine Beratung mächtig genug. Doch: Nach einer Lernberatung haben meine Kunden, ob gross oder klein die Zuversicht und die Hilfsmittel, damit sie für jedes Problem eine neue situativ sinnvolle Lösung finden. Immer mit dem Ziel ein selbst bestimmtes, erfülltes und lernfreudiges Leben zu leben.

Sind weitere Fragen aufgetaucht? Bist du auf der Lösungssuche für dich oder dein Kind? Melde dich noch heute unverbindlich per E-Mail oder Anruf bei mir. Du wohnst zu weit weg für eine persönliche Beratung? Auch da findet sich bestimmt eine Lösung.

Meeting Evopäd® – Mensch

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd® auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Die siebte und letzte Gehirnstufe des Evopäd®-Modells ist der “Mensch”. Sie steht für den evolutiv neusten Bereich des Gehirns. Alles was in unserem Gehirn verarbeitet, gelernt und verinnerlicht wird, wird schlussendlich darüber vereinigt und angewandt. Über den präfrontalen Kortex erfolgt dann die Planung von komplexen Verhaltensweisen und der Ausdruck unserer Persönlichkeit.

Wissenschaftler bezeichnen diese anspruchsvollen Aufgaben, die im präfrontalen Kortex gemeistert werden, als “exekutive Funktionen”. Wir können unsere Umgebung bewerten und Kontrolle über unsere Gedanken übernehmen. In der Evopäd® sprechen wir von der Kommunikations- und Kooperationskompetenz.

Die Fertigkeit mit dem Gehirn kognitiv Höchstleistungen zu erbringen, wird in unserer Gesellschaft als äusserst erstrebenswert angeschaut. Dies ist auch in unserem Schulsystem gut zu erkennen, welches schlussendlich immer ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt. Es ist bewundernswert zu welcher intellektueller Arbeit der Mensch fähig ist. Viele unserer Errungenschaften, die durch gewaltige Gehirnleistungen entstanden sind, sind für unserem Alltag und Leben ein grossen Segen.

Ein gesundes und fittes Gehirn, bildet sich jedoch nicht nur über Denkarbeit. Es ist quasi das Resultat eines erworbenen Erfahrungsschatz, der sich via Bewegung, Wahrnehmung und Sprache bildet. Für alle die sich mit dem Lernprozess von Kindern und Jugendlichen beschäftigen, ist es äusserst wertvoll zu wissen, dass sich der präfrontale Kortex erst im Alter von 20 – 25 Jahren (in Einzelfällen wird sogar von 30 Jahren gesprochen) seine Entwicklung abschliesst. Es ist also nicht erstaunlich, dass sich junge Erwachsene , über das Teenageralter hinaus, schwer tun die Welt zu verstehen und mit ihr zu interagieren.

“Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht!”

Unser Gehirn profitiert von vielfältige Erfahrungen

Machen wir uns also klar, dass es für heranwachsende Menschen deutlich mehr Zeit und Geduld benötigt, damit sie möglichst stressfrei eine umfassende Gehirnentwicklung bewältigen können, als es uns bewusst ist. Je mehr Reize, Herausforderungen, Unterstützung und Möglichkeiten wir dieser kognitiven Entwicklung zur Verfügung stellen, desto erfolgreicher wird sie verlaufen.

Es wäre deshalb wichtig, bei Kindern und Jugendlichen nicht zu früh auf Spezialisierung zu drängen. Wenn man bedenkt, dass bei einem 13-jährigen Kind unter Umständen noch einmal eine weitere 13-jährige intensive Gehirnentwicklungszeit bevorsteht, ist es unsinnig diese Entwicklungsphase einzuschränken. Viel wichtiger ist es neue Impulse zu geben und das Kind Dinge auszuprobieren zu lassen, mit denen es noch keinen oder wenig Kontakt hatte. Je mehr Freude, Interesse und Spiel dabei zum Zuge kommen, desto einfacher werden neue Inhalte gelernt und gefestigt. Dabei gilt es bewusst viel mit körperlicher Bewegung und praktischen Erfahrungen zu verbinden. Dabei gilt: Weniger ist mehr. Je weniger Eltern ihre Kinder drängen und je mehr sich die Kinder selbst einbringen dürfen, desto besser. In unserer heutigen Welt kommen diese Erfahrungen eher zu kurz und deshalb müssten, gerade im schulischen Umfeld, diese Bereiche mehr Gewicht erhalten. Wir agieren umgebungs- und gesellschaftsbedingt verkopft, dies ist ein Fakt. Es macht keinen Sinn dies als negativ oder schlecht darzustellen. Aber es sollte uns bewusst sein, damit wir das fördern, was fehlt. Unser Gehirn wird es uns danken.

Unter diesem Gesichtspunkt, ist es um so schmerzlicher Jugendlichen zu begegnen, die nach 9 Jahren obligatorischer Schulzeit keinerlei Perspektiven mehr haben und sich nichts mehr zutrauen. Dabei wären sie gerade im richtigen Alter, um mit jugendlicher Lebensenergie die Erwachsenenwelt zu erkunden und praktische Lebenserfahrung zu sammeln. Gerade diese jungen Menschen sind eine Bereicherung für unsere bereits festgefahrenen Strukturen und können mit unvoreingenommener Sicht und neuem Elan wertvolle Impulse liefern. Es ist für verunsicherte junge Menschen hilfreich , wenn ein erfahrener Mensch ihnen vermittelt, dass Fehler, Unsicherheit, Planlosigkeit, Mutlosigkeit in diesem Alter (und natürlich auch später noch) sein dürfen. Dieser Vertrauensvorschuss ist die Grundlage, dass sich dies ändern kann.

Dabei hilft das bewusst sein, dass sowohl junge wie auch gereifte Gehirne ein Leben lang Entwicklungspotential haben. Denn: “Unvollkommen sein heisst noch wachsen können”.

Von Aussichten und Ansichten – trauen und vertrauen

Heute lass ich ein “Bonmot” aus meinem Alltag da. Einerseits hat es mich schmunzeln lassen, aber auch unglaublich berührt. Wenn ihr auf Kinder trefft, nutzt die Gelegenheit: Hört hin und schaut zu!

In der kalten Jahreszeit besuchen wir mit den Spielgruppenkindern des Bauernhofs jeweils den “Schnitzelhaufen” (die Schnitzelberge des Hofbesitzers die er zu Heizzwecken lagert). Die Kinder lieben es auf die Schnitzelberge zu klettern. Die Bewegung dort gibt schön warm. Mit dieser Gruppe sind wir das erste Mal da. Deshalb sind die Kinder, die erst seit dem Sommer mit dabei sind, noch etwas zögerlich. Aber nach kurzer Zeit klettern alle die Hügel hoch. Es ist anstrengend, braucht viel Kraft und Ausdauer. Ständig rutschen die Holzschnitzel weg und man rutscht mehr zurück als dass man vorwärts kommt. Davon lassen sich drei- und vierjährige Kinder aber nicht abschrecken. Bald sind alle oben, geniessen die Aussicht und den Erfolg. Ich bin ebenfalls hoch geklettert und beobachte wie die Kinder sich zu orientieren beginnen. Neue Spielideen entstehen. Dieses Mal ist der Berg steil und beachtlich hoch. Er reicht fast bis unters Holzdach. Eine lange, steile Rutschbahn. Ich stehe mit einem Kind am Abhang und wir schauen gemeinsam hinunter.

“Wow, das ist aber steil!” sage ich zu ihm und den Kindern im Umkreis. “Das braucht ganz schön Mut, hier runterzurutschen!”

“Ja”, meint da das Kind, setzt sich und beginnt sich in Richtung Abhang zu bewegen, “aber ich vertraue mir.” (“Ig due mir vertroue.”) Und weg war es. Voller Selbstbewusstsein rutschte es den Abhang hinunter.

Seither überlege ich mir, meinte es “Ich traue mich”? Oder “Ich vertraue, dass nichts passiert”? Aber nein, es hat es eigentlich unmissverständlich gesagt. Es VERTRAUT sich! Es traut es sich zu!

Ich wünsche euch, euren Kindern und mir viel Vertrauen. Nicht nur Vertrauen in die Situation, in die Mitmenschen oder die Situation. Vertrauen wir uns selbst und alles andere kommt wie es kommt.

Meeting Evopäd© – Reptil

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd© auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Jeder Mensch, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, der kennt die Verhaltensweisen die wir in der Evolutionspädagogik® der Reptil-Stufe zuordnen. Blockaden in dieser Stufe äussern sich meist sehr deutlich und lassen uns hilflos zurück, weil wir trotz viel Reden, Strafen und Schimpfen nichts erreichen.

Unser Reptil-Hirn ist eine nützliche Sache und hat uns Menschen weit gebracht. Es ist sozusagen die Kommandozentrale fürs Überleben. Wach sein, Schlaf, Atmung, Temperatur und grundlegende automatische Bewegungen werden von dieser Gehirnstufe (Kleinhirn) kontrolliert. Bei akuter Gefahr, wenn eine schnelle Reaktion gefordert ist, dann lässt es uns entweder erstarren oder loslegen.

Blockaden in der Reptil-Stufe können sich darin zeigen, dass ein Mensch ständig unter Strom steht. Sein Verstand möchte zwar anders, aber sein Körper kann es nicht zulassen. Nägel kauen, mit dem Bein wippen, ein verkrampfter Kiefer können äusserliche Anzeichen sein. Gerade bei jüngeren Kindern kann sich ein Verhalten in dieser Stufe darin äussern, dass Spielsachen impulsiv umhergeworfen, andere Kinder gebissen oder gehauen werden. Dabei ist es offensichtlich, dass diese Handlungen dem Kind passieren ohne, dass es vorsätzlich handelt. Wir können deshalb als Eltern/Pädagog*innen noch so oft sagen, dass dieses Verhalten nicht erwünscht ist. Das Kind weiss dies (wenn es nicht im Stress ist), aber wenn der Stress überhand nimmt, dann “macht” es mit ihm. Unser Reptiliengehirn macht das, was sich seit Beginn der Evolution bewährt hat, es übernimmt die Kontrolle im unbewussten Denken.

Deshalb ist es als Mutter/Lehrperson hilfreich zu wissen, dass es nichts nützt loszuschimpfen und am eigenen Verstand zu zweifeln, weil man manches halt schon 100 Mal gesagt hat und es dennoch nichts nützt. Im Gegenteil, eine Schimpftirade erhöht den Stress gleich noch einmal um ein Level und ist hinderlich, um ein Umdenken fürs nächste Mal zu bewirken. Vielmehr hilft es, sich bewusst zu machen, dass wir einen Menschen in dieser Gehirnregion nicht über den Verstand (Reden) erreichen können. Was wir brauchen ist eine “Ansprache” über die unbewussten Reflexe. Erst danach, im wieder stressfreien Zustand (wenn andere Gehirnregionen wieder Mitspracherecht haben), kann im Ruhe über das Verhalten gesprochen werden, wie ähnliche Situationen in Zukunft vermieden oder anders bewältigt werden können.

Dank der Evolutionspädagogik® gibt es zum Glück Interventionsmöglichkeiten die, wenn man sie kennt, ganze Klassen aus dem “Reptil-Modus” holt oder Eltern dabei unterstützt adäquat auf Kleinkinder zu reagieren, wenn diese entwicklungsbedingt diese Stufe entdecken. Praktischerweise sind diese Übungen so einfach und spassig, dass niemand gross dazu überredet werden muss. Denn wie immer gilt: das Gehirn lernt gerne in der Bewegung und mit Freude und Lust. Wichtig ist dabei einmal mehr: kurz und häufiger nicht lang und selten.

Immer Sonntags…. ein Gedankenspiel aus der Evopäd®

In der praktischen Pädagogik fragen wir nicht danach, was dem Kind fehlt, was es kann oder nicht kann, sondern wir fragen und schauen, wie es die Welt wahrnimmt.

Ludwig Kroneberg, Silke Gramer-Rottler, Gründer der Evolutionspädagogik®

Gedanken zum Schulstart – aus der Sicht einer Mutter

Ich bin Lernberaterin, kenne viele Tipps und Tricks, weiss wie das Gehirn Lernprozesse meistert und kenne die neusten neurologische Studien. Dort bin ich sicher und habe die nötige professionelle Distanz. Aber: bin ich auch Mutter zweier schulpflichtiger Kinder und einer Schulabgängerin, die frisch mit der Berufslehre begonnen hat. Dort erlebe ich den veränderten Alltag, die neuen Herausforderungen aus nächster Nähe und intensiv mit.

Deshalb fühle ich mich mit dem Start des neuen Schuljahres immer wieder von neuem unsicher, neugierig, gefordert, überlastet, entlastet. Diese Gefühle (und noch einige mehr) wechseln im Stundentakt. Ich habe es bereits unzählige Male durchgemacht , es ist immer wieder von neuem HERAUSFORDERND.

Wieso ist das so?

Zum einen lasse ich jedes Jahr von neuem wieder LOS. Loslassen heisst nicht, dass es mir egal ist oder wird. Es heisst, dass ich weiterhin dabei bin, aber immer weniger helfe. Es ist das ewige Los der Elternschaft oder auch pädagogischen Begleitung. Alles ist darauf ausgerichtet, dass mein Gegenüber die Fähigkeiten erlangt für sich, seine Entwicklung, seine Lernerfahrungen selbst Verantwortung zu übernehmen.

Ich lerne auch immer wieder von neuem dazu. Denn jedes Kind sucht sich seinen EIGENEN WEG und nicht den, den einer von uns ein Jahr zuvor bereits gegangen ist. Es mag zwar das selbe Schulhaus, die selbe Lehrerin, der selbe Lehrer, das selbe Schuljahr sein, dennoch ist es anders und neu. Kein Lebensweg ist wie der anderen, deshalb muss ihn jede*r alleine gehen. Manchmal gehe ich auf Augenhöhe mit, oft bin ich aber weit dahinter oder schon ein Stück voraus. Dies ist aber immer meine Perspektive und die ist nie dieselbe wie die meines Kindes. Ich muss mich auf seine Augenhöhe begeben und beobachten, fragen um seine Sicht zu erfahren.

Dann ist nie alles im Gleichgewicht. Ich entwickle mich weiter. Wie die Kinder auch habe ich neue Ansprüche an mich und meine Tätigkeiten. War ich, als sie kleiner waren präsenter im Alltag, müssen sie mich heute aktiver um Hilfestellung bitten. Es ist ein Grenzlauf zwischen Unterforderung, Herausforderung und Überforderung. Bei uns allen. Auch mein Alltag ist wieder neu, auch ich muss mich wieder einfinden.

Was wenn der Tunnel nie zu enden scheint?

Deshalb lasse ich mir/uns Zeit, um dies alles Wachsen zu lassen. Meist sieht es nach den Herbstferien bereits etwas anders aus und läuft geordneter. Wenn nicht, dann ist genug Zeit und Raum, um bei den einzelnen Stressoren detailliert, ihn Ruhe hinzusehen und Lösungen zu suchen.

Was wenn der Alltagsstrudel total überfordert? Es ist alles zu nah oder zu weit weg? Profitiere von meinen Erfahrungen und der Sicht der Evolutionspädagogik®. Einfache Übungen helfen gezielt Stress zu überwinden. Nicht nur dem Kind, sondern auch seinen erwachsenen Begleiter*innen. Gemeinsam den eigenen Weg finden und zusammen wachsen, ist das Ziel.

Von der Kunst glücklich loszulassen oder das Ende eines Spielgruppenjahres

Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu. Manche üben sich im Durchhalten, andere motivieren sich mit dem Ausblick der langen unbeschwerten Sommerferien. So oder so, der Abschied naht, sei es für die Kinder, die Eltern oder die Lehrer*innen. In dieser Phase geprägt vom Rückblick und vom Vorausschauen, stellt sich die Frage, was haben wir erreicht? Was hat sich getan? Sind wir gewachsen? Haben wir uns verändert?

Manchmal hilft da ein Zeugnis, ein Feedback des Chefs/der Chefin oder ein sonstiger Leistungsnachweis. Viel befriedigender ist es jedoch, wenn es da einen Moment gibt, bei dem ich spüren kann, genau so soll es sein. Dieser Moment und sei er nur ein Augenblick, hat das Potential, mir zu sagen, du hast etwas erreicht, es war dir wichtig, du hast alles gegeben und es ist genau so wie es sein sollte. Dies zu erkennen und zu erfahren ist ein grosses Glück und der nachhaltigste Lohn für eine erbrachte Leistung.

Als wir heute in der Spielgruppe noch etwas Zeit auf dem Spielplatz verbrachten, setzte ich mich in den Schatten des Baumes. Die Kinder waren alle beim gemeinsamen Spiel gefesselt. Es wurde ein Schatz gesucht, Blumen gesammelt, hin und her gerannt, versteckt und gefunden. Wenn eines nicht einverstanden war, wurde verhandelt, wenn eine Idee fehlte wurde überlegt und ausprobiert, es wurde befohlen und befolgt. Ich fühlte mich überflüssig, ja sogar faul und nutzlos. Ein überwältigendes Gefühl. Während mir der Impuls sagte, “Geh hin und bring dich ins Spiel”, sagte mir der Verstand “Bleib sitzen und halte dich zurück”.

Ein Jahr lang habe ich die Kinder begleitet. Sie kamen scheu und neugierig. Ich gab ihnen den Raum und die Möglichkeiten sich und andere Kinder zu entdecken. Ganz alleine, ohne Geschwister und Eltern. Für manche das erste Mal. Jedes hat nach und nach für sich entdeckt, wie es sich in der Gruppe behaupten kann. Es konnte erfahren, welche Bedürfnisse es selber oder auch die anderen Kinder haben. Es hat gelernt die eigenen zu vertreten und die der anderen zu respektieren. Wenn immer nötig stand ich bereit, allerdings nie ohne den Leitgedanken “Hilf es mir selbst zu tun” aus den Augen zu verlieren. Manchmal hat es gereicht, das Kind zu ermuntern es noch einmal selbst zu versuchen, manchmal musste ich eine andere Tätigkeit vortäuschen oder einem anderen Kind helfen, um das Kind dazu zu bringen, es selbst zu probieren. Während die ersten Spielgruppenstunden geprägt waren, dass ich an allen Ecken und Enden gefordert und gebraucht wurde, bin ich nun zum Ende des Jahres recht überflüssig geworden. Es ist nicht so, dass alle alles können, aber eine/r in der Gruppe kann es bestimmt und so landen nur noch wenige Fragen und Anliegen bei mir. Was für ein unglaubliches Gefühl muss das sein, wenn man im Alter von 3 – 5 Jahren sich so kompetent ausserhalb seines Daheim zurechtfinden kann! Ich denke, es ist genau das richtige, um nach dem Sommer im Kindergarten oder in einer neuen Gruppe zu starten.

Während ich mich diesen Gedanken hingebe, natürlich nicht ohne immer wieder die Kinder durchzuzählen, steht plötzlich ein Mädchen vor mir und hält mir einen kleinen Strauss mit selbst gepflückten Blumen hin. So wie es aussieht, bin ich doch nicht gänzlich vergessen gegangen. Ich bedanke mich und stelle fest: “Oje, jetzt habe ich gar keine Vase mit Wasser dafür.” Da meint der Junge der dazugestossen ist: “Ach, das ist doch kein Problem, geh nach Hause und stell sie dort ein. Wir brauchen dich hier nicht. Wir kommen schon klar.”

Hier ist er: MEIN Moment und ich kann glücklich loslassen.

Ein blumiges Dankeschön

Ich wünsche allen Eltern, Lehrer*innen, Spielgruppenleiter*innen und Kindern zum Schuljahresende einen guten Blick, um den persönlichen Moment des Erfolgs zu erkennen, um dann glücklich loszulassen und weiterzugehen.

“Wenn er will, dann kann er es…!” – “Sie muss sich nur anstrengen, dann klappts!”

Es gibt wohl niemand, der diese Sätze so oder so ähnlich noch nie gehört hat. Sei es, dass man persönlich damit gemeint war oder jemand aus dem Umfeld. Es ist kein Mythos, dass einem etwas gelingt, wenn man sich wirklich hinein kniet und mit Ausdauer und Leidenschaft damit auseinandersetzt. Diese Erfahrung haben wir alle gemacht. Was aber, wenn ein Schüler oder eine Schülerin bestimmte (Lern)Situationen gut meistern kann, dies aber nicht regelmässig schafft?

“Flow” – Etwas zu tun und daran wachsen zu wollen.

Eine Erstklässlerin beherrscht in der Schule beim rechnen an der Tafel den Zahlenraum 1 – 20 problemlos, aber zu Hause bei den Hausaufgaben scheint alles vergessen. Sie sitzt stundenlang, träumend vor ihren Aufgaben. Ein 4-Klässler, der im Schönschreibheft eine tadellose Schrift hat, aber den Aufsatz unleserlich schreibt, so dass er für die Lehrerin kaum zu lesen ist.

In diesen Momenten fällt der Satz: “Streng dich an! Ich weiss, dass du es kannst!” Verständlich, aber total unnötig, denn auch dem Kind ist das klar. Es würde dies auch ändern, wenn es die Möglichkeit dazu hätte, denn das Kind will es gut machen. Alle Kinder wollen es gut machen! Auch die, bei denen es man nicht denkt oder sieht!

Was aber nun? Wie kann das sein?

Hier (m)eine Erklärung und ein möglicher Weg zur Lösungsfindung.

Erklärung: Um den Lern-“Flow”-Moment zu erreichen, muss der Mensch bzw. sein Gehirn bei einer Aufgabe auf die eine bestimmte Weise gefordert werden. Die Herausforderung sollte dazu weder zu gross noch zu klein sein. Sie ist genau so, dass sie zu dieser Person und der Situation passt. Egal ob gross oder klein, in nur diesem Moment lernt man spielerisch, voller Freude und Lust. Die Belohnung ist idealerweise ein zufriedenstellendes Resultat oder/und das gute Gefühl etwas geleistet zu haben. Dies ist auch eine Beschreibung, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit unser Gehirn neue Verhaltensweisen und Abläufe lernt.

Spurensuche: Meine Fragen an das Kind und die Eltern sind dann meist, was ist anders wenn es nicht klappt? Wodurch ist das Kind “überfordert”, wenn es beim Aufsatz nicht schönscheiben kann oder zu Hause die Rechnungen nicht klappen? Was geht in dir vor? Wie fühlst du dich dabei? Kannst du es überhaupt in Worte fassen?

Anerkennen: Anerkennen, was das Kind kann. Alles was geht, das geht. Wenn das Kind schön schreiben kann, dann kann es das. Wenn der Zahlenraum sitzt, dann sitzt er. Das Wissen, die Fähigkeit ist also vorhanden. Dieser Gedanke ist schon einmal beruhigend. Denn was man schon weiss und kann, dass kann einem niemand nehmen. Wichtig: Darüber reden schafft Bewusstsein. Deshalb ruhig mal mit dem Kind darüber sprechen: “Ich sehe was du kannst.” “Ich sehe, dass du dich anstrengst, alles gibst!” Dabei wertfrei und positiv bleiben. Alle werden sich danach besser fühlen.

Beobachten: Die Erstklässlerin beherrscht den Zahlenraum 1 – 20 im Schlaf und sie kann entsprechende Rechnungen problemlos lösen. Zu Hause ist sie damit unterfordert und studiert lieber über andere Dinge nach, anstatt die Aufgaben zu lösen. In der Schule hingegen, liegt die Herausforderung darin, die Rechnungen an der Tafel vor der Klasse zu lösen. Das Mädchen ist eher scheu und zurückhaltend. Ihr Können vor der gesamten Klasse und dem Lehrer zu zeigen, ist für sie eine Herausforderung, die sie aber gut meistern kann und will, weil sie sich beim Rechnen sicher fühlt.

Der Viertklässler hingegen benötigt viel Konzentration und Ausdauer, um im Schönschreibheft sorgfältig und leserlich zu arbeiten. Wenn er sich nur darauf konzentrieren kann, gelingt ihm dies gut. Beim Aufsatz schreiben hingegen, ist er damit gefordert seine Geschichte in Worte zu fassen. In seinem Gehirn sprudelt es an Gedanken und Ideen. Es fehlt ihm an weiteren Ressourcen, um auf seine Schrift zu achten. Er ist überfordert damit, beide Herausforderungen, schreiben und formulieren, zufriedenstellend zu lösen.

Mögliche Lösungen:

In der Lernberatung würden wir uns nun auf Spurensuche begeben. Was benötigen die Kinder, damit sie ihre Fähigkeiten erweitern und auch unter veränderten Voraussetzungen einsetzen können? Eines kann ich verraten: Die Lösung wird so individuell sein, wie wir Menschen es sind.

Gemeinsam auf der Suche nach dem Gleichgewicht

Meeting Evopäd© – Amphibie

Mittels kurzen Blogartikeln stelle ich euch in regelmässigen Abständen, Beispiele aus meinem Arbeitsalltag mit der Evolutionspädagogik vor. Diese Einblicke sollen aufzeigen, welche Sicht die Evopäd© auf Verhaltensweisen hat und wie eine Lösung aussehen könnte.

Als ich T. kennenlerne, sehe ich zuerst nur seine Mutter. Er selber steht hinter ihr und macht sich quasi unsichtbar. Beide stolpern quasi über die Türschwelle im Jugendhaus, weil sich der Junge angestrengt ans Bein der Mutter klammert und dadurch versucht für mich unsichtbar zu bleiben. Er ist wirklich gestresst durch diese Situation. Beide kommen das erste Mal zu mir und wissen nicht, was sie erwartet. T. wäre wohl am liebsten gar nicht erst aus dem Auto geklettert. Neue Umgebungen und unbekannte Menschen mag er gar nicht was auch dazu geführt hat, dass die beiden zu mir kommen. Die Mutter hat grosse Hoffnungen, dass sie in der Beratung Tipps erhält wie T. seine Scheu verliert, die im Alltag immer wie belastender wird. Die Befürchtung steht im Raum, dass seine fehlende Neugier ihn nach dem Übertritt in die Primarschule Schwierigkeiten bereiten wird.

Auch nach den ersten Minuten möchte T. lieber auf dem Schoss der Mutter sitzen und macht keine Anstalten die Räume zu erkunden. Mir scheint wahrscheinlich, dass T. wohl in der Amphibien-Stufe blockiert ist. Diese Stufe ordnen wir in der Evopäd® dem unbewussten Denken zu. Obwohl er Daheim aufgeweckt ist und sich für alles mögliche interessiert, ist er im Kindergarten scheu, spricht nur leise und zieht sich lieber alleine zurück, anstatt mit den anderen Kindern zu spielen.

Während ich mit der Mutter spreche, schaut T. immer wieder kurz zum Kriechtunnel. Dieser liegt bei mir immer einsatzbereit im Raum. “Warst du schon einmal in so einem Tunnel?” frage ich T. Er schaut mich kurz an, nickt und versteckt sich dann wieder im Arm seiner Mutter. “Dort kann man sich gut zurückziehen”, sage ich. “Wenn du neugierig bist, dann kannst du es mal ausprobieren. Aber du musst nicht, bei mir ist alles freiwillig.”

Ich spüre, dass T. wirklich neugierig darauf wäre in diesen Tunnel zu kriechen. Er schaut nun seine Mutter an und sie nickt ihm ermunternd zu. Er scheint die Gefahr nicht alleine abschätzen zu können. Deshalb stehe ich nun auf, hebe den Tunnel leicht an, damit T. sieht, dass sich nichts darin befindet. Gleichzeitig ziehe ich ihn noch etwas näher zu uns. Darauf scheint der Junge nur gewartet zu haben und ehe wir uns versehen ist er in der Röhre verschwunden. Im Rückzug fühlt er sich wohl. Nun beginne ich damit ihn in seiner Neugier zu wecken. Ein munteres Spiel, mit in den Tunnel zurück kriechen und wieder hervorschauen, beginnt. Das Eis ist gebrochen und T. ist für den Rest der Beratung neugierig und aufgeweckt, so wie seine Mutter es auch von zu Hause kennt.

Neugier ermöglicht neue Lernerfahrungen

Für die nächste Zeit ermuntere ich die Eltern, dass sie mit T. auch zu Hause mit Rückzug und Neugier spielen. Dazu eignet sich Verstecken spielen oder auch ein Tischhaus bauen. Die Mutter wird auch mit der Kindergärtnerin sprechen und erklären, dass es wichtig ist bei T. in Rückzugsmomenten die Neugier zu wecken oder ihm zu ermöglichen sich zuerst einmal zu verstecken und T. entscheiden zu lassen, wann er wieder hervor kommt. Dabei ist es wichtig T. auch in der Kommunikation über die blockierte Stufe zu begleiten. “Magst du dich zurückziehen?” “Kommst du wieder wenn du neugierig bist?” “Du kannst auch vorsichtig hervorkommen!” “Ist es schön versteckt zu sein?”

T. im richtigen Moment diese Möglichkeiten anzubieten, wird ihn dabei unterstützen neue positive Erfahrungen auf der Amphibien-Stufe zu machen. Es soll ihm ermöglichen leichter und gezielter zu unterscheiden, wann ein Rückzug wirklich angebracht ist oder ob eine natürliche Neugier mehr Sinn macht. Gerade im Kindergarten und später auch im Schulalltag wird es für T. wertvoll sein, wenn seine Neugier in stressigen Momenten, wenn neue Lernerfahrungen anstehen, nicht gleich verschwindet.

Auch ältere Kinder benötigen manchmal den Rückzug um neues zu lernen